Kirche der EKBB in Melnik

In der Tschechischen Republik leben 10,5 Millionen Menschen. 20% davon sind katholisch. Lediglich 2% gehören einer protestantischen Kirche an. 100%ige Daten zur Religionszugehörigkeit gibt es jedoch nicht, da die Beantwortung zu Frage beim letzten Zensus freiwillig war und fast die Hälfte der Bevölkerung die Frage nicht beantwortet hat. Die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) – Partnerkirch des GAW – gibt an, dass 250 Gemeinden  mit 71 000 Mitgliedern zur Kirche gehören. Wobei höchstens 21 000–25 000 Mitglieder einmal im Jahr einen finanziellen Beitrag leisten. Die durchschnittliche Teilnehmerzahl im sonntäglichen Gottesdienst (gesamtkirchlich) liegt bei 10 100. 

Die EKBB hat nun einen Strategieplan erarbeitet, der das Jahr 2030 in den Blick nimmt.

Dabei wird deutlich gemacht, dass es eine Unzufriedenheit unter den aktiven Mitgliedern gibt mit einigen Aspekten im Leben der EKBB. Viele Gemeinden der EKBB sind lebendig und offen, sind aktiv im Bereich Gottesdienst, Katechese, Treffen kleinerer Gruppen, Seelsorge, ehrenamtlicher und institutioneller Diakonie, Mission … Der Zuwachs an neuen Mitgliedern in diesen (v. a. städtischen) Gemeinden ist jedoch geringer als der Mitgliederverlust in anderen (meist ländlichen) Gemeinden. Dabei nimmt in der heutigen Zeit das Interesse an verschiedensten (oft alternativen, esoterischen, neo-heidnischen oder eklektischen) Formen der Spiritualität in der tschechischen Gesellschaft stark zu. Im Umkreis der EKBB-Gemeinden gelingt es jedoch nicht, auf diese spirituelle Sehnsucht mit der christlichen Botschaft Antworten zu finden.

Dazu kommen die ökonomischen Herausforderungen. Die finanzielle Trennung vom Staat bringt die EKBB in eine außergewöhnliche wirtschaftlichen Situation. Bis 2012 bestand etwa die Hälfte ihres Budgets aus einem staatlichen Beitrag. Das war ein Überbleibsel der Regelungen aus kommunistischer Zeit. Schon um 1950 herum hatte der totalitäre Staat den größten Teil des kirchlichen, insbesondere des katholischen Eigentums beschlagnahmt. „Im Gegenzug“ verpflichteten sich die Kommunisten, einen Teil der Ausgaben der Kirche zu decken, in erster Linie die Gehälter der Geistlichen; natürlich waren diese Gehälter sehr niedrig. Im Jahr 2013 trat ein neues Gesetz über die Beziehungen zwischen Staat und Kirchen in Kraft. Der Staat verpflichtete sich, den Teil des einst von den Kommunisten gestohlenen Kirchenbesitzes, der noch zurückgegeben werden konnte, so bald wie möglich zurückzugeben. Das betraf in erster Linie die römisch-katholische Kirche.

Für das Eigentum, das nicht mehr zurückgegeben werden kann, zahlt der Staat im Zeitraum 2013 bis 2042 schrittweise in 30 Raten eine Entschädigung an die Kirchen. Die römisch-katholische Kirche verzichtete zugunsten anderer, kleiner Kirchen auf einen Teil dieses Geldes. Nur aus diesem Grund fand die die Restitution und gleichzeitig die finanzielle Trennung von Staat und Kirchen ökumenische und politische Unterstützung. Der Staat bezahlt also den gestohlenen Kirchenbesitz, verringert allerdings gleichzeitig den bisherigen Zuschuss an die Kirchen, insbesondere zu den Gehältern der Geistlichen. Somit verfügt die EKBB vorübergehend über mehr Ressourcen. Es ist jedoch klar, dass sie ab 2030 weniger Geld vom Staat erhalten wird und ab 2042 gar nichts mehr. Und das macht es sehr schwierig, das Dasein der Kirche und den kirchlichen Dienst langfristig zu planen: Soll man schneller zur Eigenfinanzierung gelangen und damit zwar ein größeres Investitionspolster für die Zukunft mit vollständiger Eigenfinanzierung gewinnen, gleichzeitig aber die Unabhängigkeit kleinerer Gemeinden und ihrer Pfarrstellen verlieren? Oder soll man langsamer zur Selbstfinanzierung übergehen, um kleineren Gemeinden die Möglichkeit zu geben, ihre Pfarrstellen länger zu erhalten, aber in Zukunft nur noch mit den laufenden Beiträgen der aktiven Mitglieder wirtschaften? 

Der Strategieplan der EKBB nennt sieben Hauptthemen, um die Kirche für die Zukunft zu stärken. Über Förderung lebendiger Gemeinden und ihrer Sprachfähigkeit im Glauben geht es um Klarheit der kirchlichen Positionen und ihrer Mission, einer Stärkung der Diakonie hin zu den ökonomischen Herausforderungen an die EKBB. Deutlich ist, dass „Schlüsselpersonen“ in den Gemeinden bestärkt, befähigt und gefunden werden. D.h., dass in der Personalpolitik der Kirche sich viel entscheidet für die Zukunft der Kirche.

Im Strategieplan sieht man ein neues Instrument für die Leitung und Verwaltung der EKBB. Er böte keine Lösung für alle gegenwärtigen Sorgen unserer Kirche. Man sieht aber ein Chance zur Klarheit und eine gute Hilfe für die Arbeit der Kirchenleitung und für die Unterstützung des Lebens in den Gemeinden. Zu prüfen sei, ob er sich bewähren wird.

(Quelle: Ev. Nachrichten aus Tschechien, Bulletin 47 – Sommer 2019, http://e-bulletin.cz/de/2019/06/26/strategieplan-der-evangelischen-kirche-der-boehmischen-brueder/