„Inzwischen sind 19 Tote zu beklagen,“ berichtete gestern Pastor Gerardo Hands von der lutherischen Gemeinde in Valencia/Venezuela. „Seit Tagen findet in unserer lutherischen Schule kein Unterricht statt. Auf den Strassen sind überall Barrikaden errichtet. Ich kann nur die nötigsten Wege draußen zurücklegen.“ Mit diesen Worten beschreibt Hands seine derzeitige Situation. Am vergangenen Sonntag kamen dennoch mehr Gemeindemitglieder zum Gottesdienst. Sie versammelten sich, um für den Frieden im Land zu beten. Diesen Wunsch teilen die meisten Menschen im Land. Präsident Maduro selbst hat zu einer nationalen Friedenskonferenz eingeladen. Was daraus wird und wie ernst das gemeint ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ein verhafteter Oppositionspolitiker hat sich dieser Konferenz verweigert. Venezuela steckt in einer sehr schweren Krise, die die derzeitige Regierung nicht in den Griff bekommt. Seit der Zeit von Hugo Chavez gibt es groß angelegte Sozialprogramme, die vielen armen und benachteiligten Menschen geholfen haben. Auf diese Gruppe stützt sich Maduro. Auf der anderen Seite gibt es eine horrende Verschuldung und Inflation. Gewalt ist überall zu spüren. Caracas ist eine Stadt mit weltweit sehr hoher Rate von begangenen Morden. Auch dieses Problem findet keine Lösung. Versorgungsprobleme häufen sich. „Man muss teilweise Schlange stehen vor den Lebensmittelgeschäften,“ schreibt Hands.

Die politische Stimmung ist vergiftet. Das zeigt auch ein Brief eines Pfarrers der lutherischen Kirche, der in einer indigenen Gemeinde bei Maracaibo arbeitet. Er hat jetzt einen Brief veröffentlicht, der die politische Spaltung des Landes verdeutlicht, die bis in so eine kleine Diasporakirche, wie der Lutherischen Kirche Venezuelas (IELV) hineinreicht.

Nun hat der CLAI (Consejo Latinoamericano de Iglesias) in einem offenen Brief an seine Mitgliedskirchen in Venezuela, zu der auch die IELV zählt, zum Frieden aufgerufen. Generalsekretär Nilton Giese unterstreicht das legitime Recht zu demonstrieren, wenn es um gesellschaftliche Ungerechtigkeiten geht, derer sich die Regierung anzunehmen habe. Er weist aber die Forderung einer Gruppe von Demonstranten zurück, die einen Regimewechsel fordern. „Die Möglichkeit einer Volksabstimmung über die Regierung besteht nach der Hälfte der Legislaturperiode,“ schreibt Giese. Diesen Weg solle man gehen, wenn man Veränderungen will. Ansonsten sei die legitim gewählte Regierung zu akzeptieren. Und er ruft die Mitgliedskirchen auf, zum friedlichen Miteinander in der Gesellschaft beizutragen und für den Frieden zu beten. Vom CLAI her ist jedenfalls Hilfe angeboten worden. – Enno Haaks