„Gibt es eine gemeinsame Vision aller Kirchen?“ – mit dieser Frage beschäftigten sich in diesen Tagen die Delegierten der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Zahlreiche Vertreter der GAW-Partnerkirchen sind ebenfalls dabei, so Synodalsenior Joel Ruml aus Tschechien oder Generalbischof Milos Klatik aus der Slowakei.
Ein sog. Konvergenztextes „Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision“ wurde gemeinsam verantwortet, der gleichzeitig Hausaufgaben zur Weiterarbeit enthält.  Der Text fasst aber zusammen, wie weit die Fortschritte heute gehen, wie man Kirche in der heutigen Welt gemeinsam sein kann. Dabei geht es auch um die theologische Verständigung über das Thema Kirche. Denn die anhaltenden Spaltungen zwischen den Kirchen weltweit haben viel mit der Frage zu tun, ob man die jeweils anderen überhaupt als „richtige Kirche“ anerkennt.
Der jetzt verabschiedete Text ist ein kleiner Durchbruch, der den Blick nach vorne weist im Sinne des Leitmotivs der Vollversammlung „Gott des Lebens weise uns den Weg“. Es geht um gemeinsame Überzeugungen, die in vier Punkten benannte werden:
„Erstens gibt es eine neue ökumenische Methodik. Es werden nicht mehr nur Unterschiede und Übereinstimmungen verglichen, sondern der Ansatzpunkt ist, gemeinsam nach einem tieferen Verständnis von Gottes Willen zu suchen. Hinter manchen trennenden Aussagen über die Kirche verbergen sich tiefere Übereinstimmungen.
Zweites bestehe eine breite Einigkeit darüber, dass die Kirche missionarisch ist und dass sie eine Gemeinschaft ist. Diese Aussagen sind die gemeinsame Basis, auf der die Kirchen aufbauen können.

Drittens ist die weltweite Kirche auf der Pilgerschaft. Das heißt, dass die Kirche nicht vollkommen ist und also noch weiter wachsen muss. Mit dieser Perspektive wird es für alle Beteiligten möglich, trennende Unterschiede zwischen den Kirchen auszuhalten. 

Viertens wird die Kirche als Gottes Werkzeug zu Heilung der Welt gesehen. Sie ist, also kein Selbstzweck. Aufgabe der Kirche sei es, sich für das Reich Gottes, also für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.“

Der Text nennt auch Punkte, in denen es keine Einigkeit gibt: Gibt es eine normative Lehre? Wie ist das priesterliche Amt zu verstehen? Wie ist die Vielfalt der Kirchen zu sehen? Welche Sakramente sind verbindlich?
Die Kirchen werden aufgerufen, sich weiter mit den Herausforderungen, die benannt werden, zu beschäftigen