Gottesdienst in Espiritu Santo/Brasilien

Für Diasporakirchen sind zwei Dinge wesentlich, um als
evangelische Kirche erlebbar und spürbar zu sein und zu bleiben. 

Das sind gut
ausgebildete Pfarrer und Pfarrerinnen, die es schaffen, Menschen zu binden und
sie in Beziehung zur Kirche zu bringen. Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen
der EKD haben das immer wieder gezeigt. Mehr als Drei Viertel der evangelischen
Kirchenmitglieder kennen einen Pfarrer/eine Pfarrerin mindestens vom Sehen. Das ist auf jeden Fall ein wichtiges Mittel für die Kirchenbindung. Wer einen
Pfarrer oder eine Pfarrerin kennt, tritt seltener aus. Zudem: Pfarrer vor Ort
vertreten die Kirche nach innen und außen, können Auskunft geben und Glauben
vermitteln – auch im Diskurs. In der Zeitschrift Zeitzeichen vom August 2020 schreibt
Isolde Karle, Professorin für Praktische Theologie an der Ruhr-Universität Bochum und Verfasserin zahlreicher Bücher über Kirche und Pfarrberuf: „Pfarrerinnen und Pfarrer sind das personale
Gesicht der Kirche, sie haben die höchsten Kontaktwerte, motivieren Menschen,
sich ehrenamtlich zu engagieren und sind zugleich Brückenbauer zwischen den
Engagierten und Distanzierten.“
Für sie ist es daher wichtig, die Pfarrer
vor Ort zu stärken.

Hinzu kommt, dass Kirche sichtbar und verlässlich da sein
muss. Das geschieht durch die Kirchgebäude. Es braucht verlässliche Orte, um sich zu
versammeln. Und hoffentlich sind sie dann auch anziehend und schön. Für Diasporakirchen spielt diese Sichtbarkeit eine noch entscheidendere Rolle: Sie zeigen sich und
verstecken sich als Minderheit nicht. Sie zeigen: Wir gehören in die Mitte der
Gesellschaft.

Kirchgebäude stehen für „Kontinuität, die viele Individuen
in ihrem Leben bedroht sehen“, schreibt Karle weiter. „An den Orten, an denen Kirchen während
des Lockdowns geöffnet waren, waren sie Ankerpunkte für verletzte Seelen und
Zuflucht für geängstete Menschen. In der fortschreitenden digitalen Vernetzung
der Gesellschaft nehmen Kirchengemeinden und -gebäude an Bedeutung zu, weil sie
Orte sind, an denen Vertrauen lokal und personal erfahren werden kann. Davon
lebt die Kirche – beharrlich, geduldig, dem Evangelium vertrauend.“