„Predigtstuhl“ oberhalb von Ramsau am Dachstein

Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung war schon bald nach Beginn der Reformation lutherisch geworden. Das änderte sich dann nach ca. 80 Jahren. Während der Zeit der Gegenreformation (seit 1600) und der Verfolgung des Geheimprotestantismus sollen sich die Ramsauer, die lutherisch blieben, bei dem sog. „Predigtstuhl“ oberhalb des Ortes zu gemeinsamen Gottesdiensten zusammengekommen sein. Die versteckte Lage bot einen guten Ausblick auf vermeintliche Häscher. Die Ramsauer Bauern blieben der lutherischen Lehre treu trotz äußerer Anpassung an die Erfordernisse der „katholischen“ Staatsreligion.

Das Toleranzpatent von 1781 ließ hier die erste geschlossene evangelische Gemeinde in der Steiermark entstehen. „Seit alters her war nur ein katholischer Bauer an der äußeren Grenze zu finden.“ Heißt es in den Archiven der Gemeinde.

Bethaus (li.) – Bau der evangelischen Kirche in Ramsau

Schon im Jahre 1783 gelang es der Gemeinde in nur viermonatiger Bauzeit ein eigenes Bethaus zu errichten. Die Räumlichkeiten waren im Grunde am Beginn schon zu klein. „Die evangelische Gemeinde hatte aus Anhänglichkeit an das von den Vätern erbaute Bethaus, aus Bescheidenheit und Furcht vor Verschuldung, sich lange nicht zum Bau einer eigenen Kirch entschließen können. Als sie durch die Notwendigkeit der Errichtung einer Volksschule in den Räumen des Bethauses genötigt wurde, entschloss man sich zum Kirchbau.“ Heißt es in einem Bittgesuch an den Zentralvorstand des GAW aus dem Jahre 1887 mit der Bitte um Unterstützung. So erhielt die Gemeinde
die „große Liebesgabe“ des GAW (ca. 19.000 M). Im Jahre 1892 war der Kirchbau im
Wesentlichen vollendet. Danach ging um den Ausbau des bisherigen Bethauses
zu einem 2-klassigen Schulgebäude. 
Die Gemeinde erhielt weiterhin regelmäßig Unterstützung durch den Centralvorstand. Bis 1906 erhielt die Gemeinde ca. 50.000 Mark vom GAW.

Ev. Kirche Ramsau

Am 15. August 1895 war nach achtjähriger Bauzeit Kirchweih unter großer Beteiligung der Bevölkerung.

„Jesus allein“ steht über dem Südportal der Ramsauer Kirche aus Matthäus 17,8. Pfarrerin Martina Ahornegger schreibt dazu: 

„Wenn das „allein Jesus“ in den Mittelpunkt gerückt wird, dann weil Jesus Christus die Mitte ist. Wer von Reformation sprechen will, der muss zuerst von Jesus Christus sprechen. Ohne ihn wird alles andere zur leeren Hülse. Ohne Christus – wem sollen wir glauben? Ohne Christus – wer begnadigt? Ohne Christus – welche Hoffnung haben wir?… Zu ihm lasst uns die Augen heben.“

Die Kirche prägt den Ort. Sie ist weithin sichtbar. Zur Gemeinde gehören ca. 2.500 Mitglieder und über 80% der Einwohner gehören immer noch der Gemeinde an.

Bethaus in Ramsau

Immer wieder hat die Gemeinde Unterstützung vom GAW erhalten – so auch im Jahr 1996, als der Umbau des Bethauses anstand. Seit dem Bau der Kirche beherbergte das alte Bethaus die Schule, die Küster- und Gemeindeschwesterwohnung sowie den Raum für den Konfirmandenunterricht. Nun war ein Umbau dringend geboten. Der östliche Teil des Bethauses mit Pfarrwohnung und Büroräumen blieb erhalten. Der westliche teil wurde völlig umgestaltet mit Gemeindesaal, zwei Räumen für die Kinder- und Jugendarbeit sowie ein Ausstellungsraum für die Geschichte der Gemeinde. Im ersten Stock wurden zwei neue Wohnungen für Mitarbeiter errichtet. Zudem wurde eine neue Heizungsanlage eingebaut und die Wärmeisolierung der Aussenmauern verbessert.

Insgesamt sammelte das GAW 75.000 DM für diesen Umbau.

Auch wenn diese Hilfe schon länger zurückliegen zeigt es doch, wie prägend und stabilisierend die Arbeit des GAW war und wie es kaum eine Gemeinde in der weltweiten evangelischen Diaspora gibt, die nicht schon mal gefördert wurde.