Guanabacoa ist ein oft übersehener Stadtteil in Havanna, Kuba, der abseits der touristischen Pfade liegt. Mit einer Bevölkerung von etwa 100.000 bis 120.000 Menschen hat dieser Stadtteil eine reiche Geschichte, die bis in die Kolonialzeit zurückreicht. Die ethnische Vielfalt der Bewohner, darunter Afro-Kubaner, Mestizen und Europäer, spiegelt sich in den kulturellen und religiösen Praktiken wider. Besonders stark vertreten ist die Santería, eine afro-kubanische Religion, die Elemente des Yoruba-Glaubens und des Katholizismus kombiniert. Diese Glaubensrichtung ist ein zentraler Bestandteil der kulturellen Identität vieler Bewohner.
Mitten in Guanabacoa befindet sich die presbyterianische Gemeinde, die seit 12 Jahren von Pastor Yoelkis Sierra geleitet wird. Unter seiner Führung hat sich die Gemeinde stark gewandelt und bietet nun einen Kindergarten an, der 40 Kinder betreut. Der Anlass der Gründung ist kurios: Weil sein Sohn Marcos in keinem staatlichen Kindergarten einen Platz bekam, wollte Yoelkis für seinen Sohn etwas tun. Seine Frau – eine ausgebildete Informatikerin – ließ sich von dem Gedanken eines Kindergartens begeistern und erklärte sich bereit, den Kindergarten aufzubauen und zu leiten.
Interessanterweise darf dieser Kindergarten nicht offiziell als solcher bezeichnet werden. Er trägt den Namen „Ministerio Biblico Infantil“. Diese Bezeichnung ermöglicht es der Gemeinde, ohne staatliche Lizenz zu arbeiten, da der kubanische Staat das Bildungs- und Gesundheitswesen unter seiner Kontrolle hat.
Trotz dieser Einschränkungen hat sich die Gemeinde durch ihre Hilfsaktionen während der Coronazeit einen guten Ruf erarbeitet, sodass der Staat die Aktivitäten der Gemeinde stillschweigend akzeptiert. Diese Ambivalenz ist in Kuba nicht ungewöhnlich, wo der Staat oft nicht in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen und die Initiativen der Kirchen duldet.
Der Kindergarten wurde dann 2020 mit Unterstützung nordamerikanischer Partner ins Leben gerufen, die für fünf Jahre finanzielle Hilfe leisten. 2021 begann der erste Jahrgang. Die Eltern zahlen durchschnittlich 8 € pro Monat für den Unterhalt, und es wird ein Mittagessen für die Kinder bereitgestellt. Die Erzieherinnen verdienen etwa 7.000 Pesos (ca. 23 €). Die Beiträge decken allerdings die Kosten nicht.
Trotz der Unterstützung durch nordamerikanische Partner muss der Kindergarten ein Defizit von 6.000 € jährlich ausgleichen. Bald muss sie das irgendwie alleine tragen. Innerhalb der Kirchenleitung gibt es auch verhaltene Kritik an den Elternbeiträgen, da dies in der kubanischen Kultur, die stark vom Kommunismus geprägt ist, unüblich ist. Dennoch sieht die Gemeinde in diesem Kindergarten einen Ort der Mission und Evangelisation. Zudem hat der Kindergarte zur Verjüngung der Gemeinde beigetragen. Sonntags besuchen etwa 40 Kinder die Sonntagsschule.
Ein weiteres Ziel der Gemeinde ist der Ausbau von Räumen für den Kindergarten, um künftig 60 Kinder aufnehmen zu können. Angesichts der schwierigen Stromversorgung in der Region gibt es Pläne, eine Solaranlage zu installieren, um die Kosten zu senken und die Stromversorgung zu sichern – ein Schritt, der auch der Umwelt zugutekommt.
In den letzten Jahren hat sich in Guanabacoa eine lebendige Gemeinde entwickelt. Zur Arbeit mit den Kindern spielen die Hilsprogramme für die Gemeinde eine wichtige Rolle. So wird gereinigtes Wasser gegen eine kleine Spende verteilt, Medikamente und Lebensmittel ebenso. Seit vielen Jahren ist die Arbeit für AIDS-Infizierte ebenso eine wichtige Aufgabe.
2014 konnte mit Unterstützung des GAW der Ankauf des Pastorats gegenüber der Kirche unterstützt werden.
„Nur wenn wir selbst anfangen etwas zu tun bei uns vor Ort, dann kann sich etwas verändern. Es hängt von uns ab!“ sagt Pastor Yoelkis.
Kommentare