„Jesu geh voran, auf der Lebensbahn…“ – diesen alten Choral sangen wir am Ende der Pfarrkonferenz in der lutherischen St. Paul-Kirche zweisprachig in Ukrainisch und Deutsch. Dies gesungene Gebet ist wichtig für die kleine Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine (DELKU). Sie ist durch den Krieg klein geworden. Vor 10 Jahren verlor die Kirche ihre Gemeinden auf der Krim. Seit Ausbruch des brutalen russischen Angriffskrieges hat die Kirche viele weitere Mitglieder verloren. Sie sind geflohen. In einer anderen Gemeinde in Schlangendorf am Dnjepr ist kein Leben mehr möglich. Die Gebäude sind zerstört. In Berdjansk, einer Gemeinde im besetzten Gebiet, ist eine kleine Gruppe übrig geblieben. Wie es da weitergehen wird ist offen. Die Gemeinde musste sich in Rußland registrieren lassen.

Aktuell gibt es offiziell noch 24 Gemeinden der DELKU in der ganzen Ukraine. Eine hat aufgehört zu existieren. Fünf weitere Gemeinden halten sich wohl noch irgendwie an einen ehemaligen Bischof, der durch kriminelle Machenschaften viel zerstört hat. Mühsam hat die DELKU ihren Weg wiedergefunden und sich stabilisiert. Ca. 500 registrierte Gemeindemitglieder gibt es in den 18 Gemeinden, die ihr angehören. Dazu kommen noch ca. 500 Sympathisanten.

„Wir sind durch all die Probleme und auch durch den Krieg immer mehr eine Kirche geworden, die in der UKraine verankert ist und den Menschen dienen will,“ sagt Pastor Alexander Gross. Pastor Igor von der St. Martin-Gemeinde in Kiew stimmt ihm zu: „Es macht Freude, an der Seite der Menschen zu sein und Kirche für andere zu sein. Wir werden immer mehr in den Orten, wo wir präsent sind, als ernst zu nehmende Kirche wahrgenommen, und nicht mehr als Sekte. So war es früher oft.“ Alexander ergänzt: „Wir besuchen die Leute. Wir laden ein. Wir tun etwas – und feiern nicht nur Liturgien in einer Sprache, die keiner versteht.“

Sechs Pastoren, ein Diakon und ein Praktikant betreuen die Gemeinden. Die DELKU kann durch das Kirchenzentrum in Odessa für die Grundversorgung alleine aufkommen. Die Mitglieder beteiligen sich mit einem sehr geringen Beitrag. Das zusammen reicht, dass man auch ohne Partner aus dem Ausland überleben kann. Jedoch sind größere Investitionen nicht machbar. Auch bei den zahlreichen diakonischen Aktivitäten ist Hilfe aus dem Ausland notwendig.

Immer mehr spielt die ukrainsiche Sprache eine Rolle im Leben der Kirche. Die deutsche Sprache spielt kaum noch eine Rolle. Kirche in der Ukraine an der Seite der Menschen in Not – das ist die Aufgabe, die sich die DELKU stellt. Das geht nicht ohne den, der voran geht. Deshalb: „Jesu geh voran, auf der Lebenbahn!“