„Bei uns ist es im Moment mehr oder weniger ruhig. Es gab aber Raketenangriffe, bei denen die Brücke über die Dnistr-Mündung und einige Wohnhäuser zerstört wurden. Menschen sind leider auch gestorben. Hinzu kommt der Konflikt um Transnistrien, der den Menschen Angst macht. Russland versucht die Republik Moldau mit Propaganda und Terroranschlägen einzuschüchtern. Viele Menschen sind deshalb in den letzten Tagen aus Odessa geflohen, denn Transnistrien liegt in unserer unmittelbaren Nähe.

Ostern in der Gemeinde in Odessa

Hier in Odessa ist inzwischen Diesel und Benzin sehr knapp geworden. Sobald eine Tankstelle öffnet, bildet sich schnell eine lange Schlange. Man steht mehrere Stunden an und bekommt dann nur zehn Liter. Gut, dass wir bei Zeiten alles vollgetankt haben. So kann ich weiter zwischen den Gemeinden fahren und Gottesdienste halten. Wie lange das so bleibt, weiß ich nicht.

In Odessa machen wir weiter Gottesdienste, obwohl nur noch wenige Menschen da sind, vor allem die älteren Leute. Von Zeit zu Zeit kommen aber auch neue Leute in die Gottesdienste. Die Kirche ist immer geöffnet. Auch in den Dorfgemeinden halten wir weiter Gottesdienste. Unser Kinderzentrum im Dorf Nowogradiwka ist geöffnet und unterstützt Kinder aus sozial schwachen Familien beim Online-Unterricht, denn die Schulen sind immer noch geschlossen.

Kinder in Nowogradiwka

Unsere Sozialküche in Odessa versorgt weiter Menschen mit Essen. Wir arbeiten praktisch so wie vor dem Krieg mit Ausnahme der Sonntagsschule und des Teenagerkreises. Die Jugendleiterinnen sind leider alle im Ausland und niemand kann diese Arbeit übernehmen. Ich kann es nicht selbst machen, ich bin doch fast 50. Ich habe zwar mein halbes Leben Freizeiten für Kinder und Jugendliche geleitet, aber nun bin ich wirklich zu alt. 

Es kommen immer wieder Flüchtlinge nach Odessa, bleiben aber meist nur eine oder mehrere Nächte. Wir unterstützen sie mit Essen, das wir von den Spenden kaufen, auch denen des GAW. Wir helfen damit ganz konkret Menschen in der Kirche und um die Kirche herum, und Menschen, die direkt zu uns kommen und um Hilfe bitten. 

Im Dorf Petrodolinskoje sind Flüchtlinge untergebracht, die für längere Zeit bleiben wollen. Seit Montag helfen sie uns bei den Renovierungsarbeiten an einigen kirchlichen Gebäuden und wohnen im Gegenzug kostenlos bei uns. Damit haben wir ihnen eine Arbeit gegeben, was in diesen Kriegszeiten nicht einfach zu finden ist. Wir helfen ihnen und sie helfen der Kirche. Das ist eine schöne Sache, wie ich finde. 

Wegen unserem Kleinbus, der mit Unterstützung des GAW in Deutschland gekauft und nach Rumänien gebracht wurde, habe ich vor ein paar Tagen mit der Kirchenleitung in Rumänien telefoniert. Der Bus ist schon dort, muss aber noch umregistriert und in die Ukraine gebracht werden. Das wird noch einige Wochen dauern. Es kann allerdings sein, dass sich in dieser Zeit das Zeitfenster schließt, in dem unsere Regierung ermöglicht hat, Fahrzeuge steuerfrei einzuführen, und wir dann für die Umregistrierung in der Ukraine wieder viel Geld zahlen müssen. Das wäre schade, aber wir können es nicht ändern. 

Ich möchte Ihnen ausdrücklich Danke sagen für Ihre Unterstützung und dafür, dass Sie immer wieder fragen, wie es uns geht. Ich sehe, wie das Gustav-Adolf-Werk in vielen Ländern hilft, zum Beispiel in Rumänien, wo Pfarrer Uwe Seidner einige Flüchtlinge aus unserer Gemeinde aufgenommen hat.“

Bischof Schwarz besucht die Gemeinde St. Katharina in Kiew

Das erzählte uns Pfarrer Alexander Gross aus Odessa, der zugleich Synodalpräsident der DELKU ist. Bischof Pawlo Schwarz ist aktuell viel unterwegs und besucht Gemeinden im Norden, im Zentrum und im Westen der Ukraine, hält Gottesdienste und bringt Medikamente und Nothilfe mit. In diesen Tagen ist er außerdem zu Besuch in Wien, wo er sich mit Verantwortlichen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) über die Hilfe für die Ukraine berät.