Ich bin der Weg…
Lucia vor dem Zentrum

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben – diese Worte aus dem Johannesevangelium stehen über dem Kapelleneingang des Centro Ecumenico im Stadtteil Cuenca de Casavalle in Montevideo. Ja – so ist mein Gefühl – das möge doch für all die Kinder und Jugendlichen gelten, die das Zentrum besuchen. Denn was man in dem Stadtteil sonst sieht, wirkt trostlos, hoffnungslos und orientierungslos. Wie in jeder großen Metropole Lateinamerikas findet sich auch am Rande der 1,5-Milionenstadt Montevideo eines dieser unzähligen Armenviertel. 85.000 Menschen leben hier unter teilweise fürchterlichen Bedingungen. Von ihnen müssen


65 % ihren Alltag unterhalb der Armutsgrenze bewältigen. Sie haben
weder ausreichend Lebensmittel, noch Wohnraum, Gesundheitsversorgung oder Bildungschancen. Solche Gegenden sind wie dafür geschaffen, dass sich hier Gewalt ausbreitet mit all ihren schrecklichen Folgen, die den Menschen von Beginn an Perspektiven nehmen. Es gibt etliche Kinder und Jugendliche, die von ihren Eltern – wenn denn überhaupt ein Elternpaar vorhanden ist (das ist die absolute Ausnahme) – nach der Geburt nicht angemeldet wurden. Es gibt sie quasi nicht. Sie haben weder Geburtsscheine noch Kinderausweise mit der Identitätnummer und fallen aus allen Versicherungssystemen einer modernen Gesellschaft heraus.

 Die meisten Menschen leben zudem auf illegal besetztem Boden, etliche von ihnen in Wellblechhütten oder notdürftig aus Müll errichteten Behausungen. Da gibt es kein fließendes Wasser, kein Abwassersystem, kein Strom – oder wenn, dann wurde es illegal abgezweigt. Gewalt ist ständiges Thema. Der Drogenkonsum wirkt wie ein  Brandbeschleuniger all der gravierenden Probleme. Banden haben das Terrain unter sich aufgeteilt.  

Arbeit mit Behinderten
Hausaufgabenhilfe

Inmitten dieser Probleme gibt es seit den 1950er-Jahren das „Centro Ecumenico“ der „Fundación Pablo de Tarso“. Seit 1978 ist das Zentrum ein staatlich anerkanntes diakonisches Werk, in dem täglich über 300 Kinder und Jugendliche von 40 Mitarbeitenden betreut werden. „Das Zentrum ist inmitten all der Probleme und Sorgen des Viertels eine Insel des Friedens, in der Gewalt so gut wie gar nicht vorkommt. Unser Zentrum wird sogar beschützt  – auch durch die kriminellen Banden des Viertels“, sagt Lucia, die das Zentrum leitet. „Auch wenn es schon vorkam, dass in der Nähe des Zentrums Menschen durch Bandenkriege getötet wurden – auf unser Zentrum gab es noch keinen Angriff.“ 

Im Centro Ecumenico werden Angebote gemacht zur Hausaufgabenunterstützung,
handwerkliche Arbeitsgemeinschaften, Sportaktivitäten,
verschiedenen Workshops.
Auch Frauen treffen sich. Eine absolute Ausnahme ist die Arbeit mit
Behinderten. Das gibt es in der Form nur hier.
Lucia erzählt: „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen ein Gefühl dafür geben, dass Talente in ihnen liegen. Wir wollen sie motivieren, etwas aus sich zu machen. Denn jeder Mensch hat eine Würde.“

Getragen wir die Arbeit von der Waldenserkirche, der deutschen Gemeinde Montevideo, der Methodistenkirche und der lutherischen Kirche.Das GAW hat das Zentrum mehrfach unterstützt – zuletzt in den Projektkatalogen 2004, 2006 und 2007.

Die Finanzierung ist wie in viele sozialen Zentren schwierig. Der Staat hat vor Kurzem die Förderung zweier Projekte für 2018 gekündigt. Das heißt, dass wichtige Angebote, z.B. für die Behinderten, nicht weitergeführt werden können. Neun Mitarbeitende werden 2018 in dem Zentrum nicht mehr mitarbeiten können.