Vom Centro Ecuménico im Barrio Borro geht es weiter zum Barrio
Manga, das eine Stufe besser ist als der Barrio Borro. Hier besuchen wir den
„Hogar Amanecer“, dem „Ort des Sonnenaufgangs“ oder dem „Ort der Morgenröte“.
Wir werden auf Deutsch von der Leiterin Silvia Peri und der Freiwilligen Maike
aus Bonn begrüßt. Zwei weitere Freiwillige sind in diesem Jahr hier noch tätig,
aber zurzeit sind sie in Urlaub.

Bei unserem Rundgang durch das Gelände erleben wir auch die
Schwierigkeiten der Kinder, die hier leben. Da ist zum Beispiel der
sechsjährige Fabian, der mit seinen vier Brüdern hier lebt. Fabian sieht uns
nicht an, ist auch für Maike nur schwer ansprechbar. Der achtzehnjährige Bruder
musste jetzt in eine andere Einrichtung ziehen, weil er zu gewalttätig ist. Obwohl
Fabian von der Familie keine Zuwendung erfährt, weint er täglich um seine Mutter
und seinen Bruder.

Der sechsjährige Brian sitzt auf seinem Bett. Er ist erst
eine Woche hier. Nun hat er sich seinen Finger gequetscht, und ist etwas
missmutig. Auch er hat noch zwei Brüder und eine Schwester hier. Rodrigo und
Nahuel machen zusammen mit Silvia Hausaufgaben, und begrüßen uns ganz fröhlich.
Simon sitzt am Computer. 

Schließlich können wir noch einen Jungen überreden,
uns etwas auf dem Keyboard vorzuspielen. Seit einem Jahr nimmt er am Programm
in der Musikschule teil. Das ist eine Möglichkeit, die der jetzige
Staatspräsident Pepe Mujica 2013 initiiert hat. Die Kinder werden nach der venezolanischen
Methode unterrichtet und erhalten jede Woche zweieinhalb Stunden
Musikunterricht, Instrumentalunterricht, Theorie und Orchester, gleich von
Anfang an. Dabei leiten die älteren Schüler die jüngeren im Orchester an.

Die Kinder aus dem „Hogar Amanecer“, die an diesem Programm
teilnehmen können, lernen Streichinstrumente, Klavier und auch Fagott. Allerdings
dauert die Fahrt zur Musikschule jedes Mal eine Stunde, sodass ein Besuch in
der Musikschule insgesamt am Nachmittag viereinhalb Stunden in Anspruch nimmt.
Begleitet werden die Schüler immer von der Freiwilligen Maike, die uns über das
Programm erzählt. Die Musik eröffnet eine völlig neue Welt für Kinder aus dem
Barrio Manga, eine Welt, wo ein fröhliches Zusammenspiel eingeübt wird. Mögen
die Töne stärker sein als die des gewalttätigen Umfeldes in ihren Familien!

Vera Gast-Kellert,Vorsitzende
der Frauenarbeit im Gustav-Adolf-Werk