Bischof Kiderlen (r.) auf Besuch in Leipzig |
„Eine über 200-jährige Geschichte hat die lutherische Kirche in Georgien“, berichtet Hans-Joachim Kiderlen, der dieser junge Kirche als Bischof vorsteht. „Ca. 700 Gemeindeglieder versammeln sich in 8 Gemeinden, wobei die Hauptstadtgemeinde in Tiflis allein ca. 350 Mitglieder zählt. Und“, so fährt er fort, „für die 80 Mitglieder zählende Gemeinde in Baku/Aserbeidschan bin ich auch zuständig.“ Dort lebt die Gemeinde unter völlig anderen Bedingungen in dem islamischen Staat. Die alte lutherische Kirche wurde unter Kommunisten ein Konzertsaal. Die Gemeinde darf sie für zwei Stunden Sonntags für ihre Gottesdienste mieten. Inzwischen wird die Gemeinde in Baku von einer kürzlich ordinierten Pfarrerin geleitet.
„In unserer Kirche gibt es drei Pfarrerinnen, die alle eine sehr gute Arbeit machen“, sagt Bischof Kiderlen. „Und nach meinem Ausscheiden wäre eine Frau eine gute Nachfolgerin, wenn es in dieser Gesellschaft möglich wäre.“
Die Bevölkerung Georgiens setzt sich zusammen aus 84 % Georgiern, 1,5 % Russen, 6 % Armeniern, 7 % Aserbaidschanern und anderen. 84 % der Georgier gehören zur Georgischen Orthodoxen Kirche, die bis 1998 auch Mitglied des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) und der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) war. Mit dem Staatsvertrag vom 14. Oktober 2002 ist die Orthodoxie faktisch zur Staatsreligion erklärt. Am 5. Juli 2011 verabschiedete das georgische Parlament ein Gesetz zur rechtlichen Absicherung der nichtorthodoxen Religionsgemeinschaften. Nur fehlt es an Ausführungsbestimmungen. Und die Orthodoxie wird bevorzugt. „Nicht-Orthodoxe Kirchen haben es in diesem Kontext schwer, denn sie werden leicht als Sekte betrachtet. Da muss man immer viel erklären,“ sagt Kiderlen.
Die lutherische Kirche steht vor wichtigen Herausforderungen: Zunächst muss sie Wege finden, aus den großen Abhängigkeiten herauszukommen. „Viele denken noch, wenn sie zur Kirche kommen, dann werden sie versorgt“, beschreibt der Bischof ein Grundproblem. „Es gibt nicht das Verständnis, dass die Mitglieder für die Kirche sorgen müssen.“
Als nächstes muss sich die Kirche stärker für die Georgier öffnen. Noch spielt weitgehend die russische Sprache die Hauptrolle, die georgische Sprache wird aber inzwischen öfter verwendet als die deutsche. Kiderlen berichtet von der Idee, sich durch die diakonische Arbeit noch weiter für die Gesellschaft zu öffnen. Es gibt schon ein kleines Altenheim und eine Armenspeisung. Jetzt denkt man über einen Kindergarten nach. Inwieweit diese Pläne umgesetzt werden können, werden wir sehen.
Mehr zu der lutherischen Kirche in Georgien unter:
http://www.ev-luth-kirche-georgien.de und
http://de.wikipedia.org/wiki/Evangelisch-Lutherische_Kirche_in_Georgien
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