Der Evangelische Pressedienst (epd) hat sich im Gespräch mit dem Münsteraner Religionssoziologen Detlef Pollack mit Hintergründen und Lebensäußerungen der Diasporakirchen auseinandergesetzt. Nach Aussage von Pollack würden konfessionelle Minderheiten oft eine stärkere Bindung an ihre Kirche und ein intensiveres Gemeindeleben aufweisen. Das können wir vom GAW nur bestätigen, denn Minderheitskirchen schärfen ihre Identität auch in Auseinandersetzung mit einer Mehrheitskirche, sei sie katholisch oder orthodox, oder sei der religiöse Kontext muslimisch oder atheistisch.
Pollack sagt: „Der „Diaspora-Effekt“ wird zumeist darauf zurückgeführt, dass sich Minderheiten durch Mehrheiten dazu provoziert fühlen, ihre Identität zu behaupten. Die stärkere Kirchenbindung von Diaspora-Gemeinden ist dann als Folge eines in ihren Reihen häufig anzutreffenden Gefühls der Infragestellung zu interpretieren. – Typischerweise versuchen Minderheiten-Gemeinden, sich durch Abgrenzung und Absonderung selbst zu behaupten. Sie wollen sich oft mit der Mehrheit nicht vermischen, sondern bilden nicht selten sogar eine Art Überlegenheitsbewusstsein heraus, manchmal auch vermischt mit Ressentiments gegenüber dem großen Anderen. Dieses Überlegenheitsbewusstsein erlaubt ihnen, die Abgrenzung von ihrer oft als übermächtig empfundenen Umwelt zu rechtfertigen. Zuweilen erfüllt auch eine „Underdog“-Mentalität diese Funktion.“ Und weiter äußert er im epd-Interview: „Am erfolgversprechendsten dürfte (für Diasporakirchen) eine Strategie der fröhlichen Gelassenheit sein. Denn Minderheiten-Gemeinden stehen einmal in der Gefahr der Anpassung an die Umwelt, was zur Preisgabe ihrer Besonderheit führen würde, oder aber in der bereits beschriebenen Gefahr der Abschottung und Selbstprivilegierung. Wenn man den Unterschied lebt, ohne ihn zu verstecken, aber auch ohne ihn zu zelebrieren oder als Provokation zu inszenieren, wird die Akzeptanz der Umwelt wohl am größten sein. Auf Anerkennung und Unterstützung sind alle Gemeinschaften angewiesen, besonders aber die, die sich in der Minderheit befinden.“