Aus Mariupol nach Dercen

Sie kamen aus Mariupol. Er war selbständig und hatte dort am Asowschen Meer eine Bosch-Vertretung. Jetzt sitzt er mit seiner insgesamt 11-köpfigen Familie in Dercen, einem 2000-Einwohner-Ort in Transkarpatien. Inzwischen hat er eine Arbeit bei einer österreichischen Firma gefunden. Als einziger verdient er Geld in der Familie. Drei Renten kommen hinzu. Ansonsten… – sie sind Flüchtlinge im eigenen Land. Glücklicherweise sind alle Familienmitglieder noch am Leben.

Alle sind Russen und hätten nie gedacht, dass Russland einen Krieg gegen sie anstiften würde. Nun sind sie fremd in einer ungarischsprachigen Umgebung. „Alle sind so freundlich zu uns“, sagt seine Frau. Das Hochhaus, in dem sie wohnten, wurde zerbombt. Die Ruinen sind von der russischen Armee abgetragen worden.
Nichts ist mehr da. Das einzige, was sie geschafft hatten, mitzunehmen, war das Familien-Fotoalbum. Es zeigt Bilder aus besseren Zeiten von der
Strandpromenade bei Sommerwetter in einem ehemals friedlichen Mariupol.

Der Vater erzählt, dass er im Jahr 2007 das letzte Mal seine Verwandten in Russland besucht hätte. Das war seltsam. Das Land und die Menschen hätten sich verändert – schon damals. Die Hälfte würde der Propaganda aufsitzen. Sie seien wie Zombies, mit denen man nicht reden kann. In der Ukraine gab es Demokratie und Freiheit, in Russland wurden sie Schritt für Schritt von Putin zerstört.

Sie kamen aus Mariupol. Ohne etwas zu verstehen gehen sie in den ungarischsprachigen Gottesdienst. Sie wollen dazu gehören.