Gespräch im reformierten Internat mit
ukrainischen Flüchtlingsfrauen

Wie viele Menschen in der Ukraine stellen sich diese Frage: Soll ich bleiben, oder soll ich gehen? Je nachdem, wo man lebt, stellt sich die Frage anders.

Im Internat der reformierten Gemeinde in Beregzsazs leben derzeit ca. 80 Flüchtlinge. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Regionen der Ukraine: aus Kiew, aus Charkiw, aus Cherson, Butscha und Mariupol. Meist sind es Frauen. So wie die ältere Dame aus Butscha, die einen Monat in ihrem Keller ausgeharrt hat. Wir nennen sie Marischa. Auf offenem Feuer hat sie einen Monat ihr Essen zubereitet – wenn es denn noch welches gab. Kontakt zu den russischen Soldaten hat sie gemieden. In ihrer Straße hat sie Leichen gesehen, die gefesselt waren. Nicht weit entfernt von ihrem Haus war ein Zentrum, in dem russisches Militär ukrainische Mädchen und Frauen missbraucht hat. Als sie das erzählt, kommen Marischa die Tränen. Wie es weitergehen soll… – ein Zurück kann sie sich nicht vorstellen. 

Tanja ist aus Charkiw. Ihr Mann ist Zahnarzt. Ihre Praxis und ihre Wohnung befinden sich im Zentrum Charkiws. Beides ist derzeit noch intakt. Alles drum herum ist zerstört. Zurück? Das kann sie sich kaum vorstellen. Zwei kleine Kinder hat sie. Alles, was sie will, ist Frieden für sich und ihre Familie. Sie gehören einer evangelischen Freikirche an. In Beregzsazs hat sie mit anderen eine Musikgruppe gegründet, die regelmäßig probt. Es gibt inzwischen einen ukrainischsprachigen Gottesdienst in der Stadtkirche mit der Musikgruppe von Tanja. 

Und dann erzählt Kristina Bado, Büroleiterin im Bischofsamt der Reformierten Kirche in Transkarpatien: „Als ich kürzlich im Stadtzentrum war, habe ich mich zum ersten Mal fremd gefühlt in meiner Stadt. Um mich herum sprachen die Menschen Russisch oder Ukrainisch. Das war neu für mich in meiner ungarischsprachigen Stadt… – da kommen Fragen auf: Wie lange noch? Soll ich dort bleiben, wo mein Herz schlägt… in meiner Heimat? Oder habe ich bald keine Heimat mehr?“

Beregzsazs hat ca. 20.000 Einwohner. Inzwischen beherbergt die Stadt 15.000 ukrainische Flüchtlinge. Und – es gibt viele ungarschisprachige Ukrainer, die inzwiwchen gegangen sind. Besonders junge Menschen. Der Krieg verändert die Region. Er macht was mit den Menschen. Bleiben oder gehen….?