Das zerstörte Gebäude des Obdachlosenheims

Seit 2020 gab es im Dorf Andrijiwka im Bezirk Butscha nahe Kiew eine Unterkunft für Obdachlose namens Gawan (Hafen), die von der lutherischen St. Martinsgemeinde in Kiew mit betreut wurde. Nach der Befreiung des Ortes von der russischen Besatzung ist jetzt die Gewissheit: Das Haus ist nur noch eine Ruine. Eine Bewohnerin ist unter den Trümmern verstorben.
Anfang März hatten die russischen Truppen das Dorf eingenommen, wenige Tage später fielen der Strom und die Kommunikationskanäle aus. Das Dorf lag fast an der Frontlinie, sodass die berechtigte Befürchtung bestand, dass es zerstört werden würde.

Am 2. April 2022 schreibt nun die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche auf ihrer Homepage, dass das Dorf befreit wurde und die Befürchtung sich bewahrheitet hat: Das Heim wurde – wie viele andere Gebäude in Andrijiwka –zerstört. Einheimische berichten von schrecklichen Kriegsverbrechen: Erschießung von Zivilisten, Vergewaltigung von Mädchen und Plünderungen.
Der Pfarrer der St. Martinsgemeinde, Igor Schemigon, teilt mit, dass außer der einen getöteten Frau die übrigen Bewohner sich in Kellern versteckt und überlebt haben. Ihr mentaler Zustand sei aber schlecht. „Wir planen, sie alle in die Westukraine zu evakuieren. Die Frauen sind schon unterwegs. Es liegt ein langer Weg vor uns, den wir ohne die Unterstützung unserer Freunde und Partner nicht bewältigen können. Herr, erbarme dich!“ Zu Beginn der akuten Kriegsphase hatten im Gawan zwölf ältere und behinderte Obdachlose sowie der Prediger Sergij Beresin gelebt.

So sah das Gebäude früher aus.

Pfarrer Schemigon und der Sozialdienst Haus der Barmherzigkeit, der sich ansonsten um Obdachlose gekümmert hat, waren wegen der heftigen Kämpfe in der Umgebung von Kiew nach Iwano-Frankiwsk umgezogen. Die meisten Schützlinge leben jetzt ebenfalls dort. Der Sozialdienst hat Räumlichkeiten angemietet, die nicht nur Obdachlosen, sondern auch Vertriebenen aus den Kampfgebieten dienen. Es hat sich eine aktive Zusammenarbeit mit den reformierten Gemeinden in Iwano-Frankiwsk und in der Region entwickelt.
Der Kontakt zu den lutherischen Gemeindemitgliedern, die in Kiew und Bila Tserkva verbliebenen sind, erfolgt über das Internet: Die Gottesdienste werden online abgehalten. Nur eine der Bibelgruppen in Kiew trifft sich persönlich.

Im Heim entstand sogar eine Gemeindegruppe

Seit seiner Gründung 2020 hat das Heim Gawan 30 Obdachlose beherbergt, die von den Freiwilligen der Organisation Haus der Barmherzigkeit in schwierigen Situationen auf den Straßen von Kiew und anderen Orten gefunden wurden. Den meisten von ihnen ist es gelungen, ihre Papiere wiederzubekommen, sie erhielten eine Rente und kehrten nach und nach ins gesellschaftliche Leben zurück. Einige haben das Heim verlassen, andere sind dauerhaft im Gawan geblieben. Darüber hinaus nahmen 15 von ihnen am Konfirmandenunterricht teil und traten der evangelisch-lutherischen Gemeinde St. Martin bei. Die Gemeinde hat daher in Andrijiwka eine Zweigstelle eingerichtet, mit Prediger Sergij Beresin.

 
Aus Materialien der Seite https://nelcu.org.ua und https://www.facebook.com/truedelku