„Es ist zum Heulen“, schreibt Pastor Frank Lotichius, ehemaliger Propst in St. Petersburg, der auch familiär eng mit Russland und seinen Menschen verbunden ist. „Am Telefon ist ein guter Freund aus Petersburg. Er ist russisch-orthodoxer Priester – und zwar einer von denen, die sich – trotz großer Familie – aufopferungsvoll um Gläubige kümmert und um Menschen in Not. Er weint am Telefon. Es ist nicht zum Aushalten“, berichtet Lotichius. „Nicht nur, dass das Oberhaupt seiner Kirche, Patriarch Kyrill, mit seinen Stellungnahmen völlig versagt. Er ist erschüttert, dass Gläubige in seine Kirche kommen, eine Kerze aufstellen und beten – und gleichzeitig mit lauter Stimme den Krieg in der Ukraine gutheißen. Sie rechtfertigen damit den Totschlag von Menschen, von Brüdern und Schwestern. Er kann das kaum aushalten. Ich habe ihn noch nie so weinen gehört“, zeigt sich Lotichius tief betroffen. „Frank – die Gesellschaft verändert sich, die Stimmung wird schlechter, Menschen werden aggressiver und böser. Es ist furchtbar.“ Der orthodoxe Freund spürt den Riss in der Gesellschaft, den zersetzenden, zerstörenden Geist des Krieges. Geschürt auch vom Oberhaupt seiner Kirche. Der befreundete Priester ist nicht der einzige, der das Auftreten von Patriarch Kyrill schlicht als Katastrophe empfindet. Und Lotichius fragt: „Quo vadis, Russisch-Orthodoxe Kirche? Quo vadis, Mütterchen Russland? – Wer Russland liebt – und das tue ich – leidet mit. Es ist zum Heulen!“

Die großen Sorgen teilt das GAW: Wie wird es mit den lutherischen Kirchen in Russland weitergehen? Wie kann man Kirche in einem solchen System sein? Wie stärkt man Menschen, dass sie sich nicht auseinanderdividieren lassen und sie ihrem Gewissen folgen, das sich an Gott allein bindet?

Als GAW machen wir uns zudem Sorgen, wie wir unsere GAW-Projekte in Russland in Zukunft fördern können. Wir dürfen unsere Glaubensgeschwister in ihrer seelischen und materiellen Not nicht allein lassen!

Foto: Nikita Zhadan (Charkiv)