Gustav II. Adolf |
Immer wieder erreichen uns im GAW Nachfragen: Warum trennt ihr euch im GAW nicht endlich von eurem Namensgeber? Und: warum gibt es immer noch evangelische Kirchen, die Gustav-Adolf-Kirche heißen? Wie geht das zusammen? Und wie vermittelt man den hochaktuellen und modernen Auftrag des GAW heute?
Der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD Bischof em Prof. Dr. W. Huber hat in einer eindrücklichen Predigt zum 175-jährigen Jubiläum dazu gesagt:
„Ohne das
Engagement Gustav Adolfs in den Auseinandersetzungen während der ersten Hälfte
des Dreißigjährigen Krieges hätte es für die Sache der Protestanten nicht gut gestanden. So avancierte er rasch zum „Retter des Protestantismus“. Eine Initiative
zur Erinnerung an den Tag seines Todes im Jahr 1832 wurde zum Beginn für eine
der eindrücklichsten Hilfsaktionen im deutschen Protestantismus.
1832 dachte man dabei vor allem an eine Diaspora, in der evangelische Gemeinden in einem katholisch
geprägten Umfeld lebten. Heute ist die Diaspora vielfältig geworden. Sie
schließt evangelische Minderheitskirchen in orthodox geprägten Ländern ebenso
wie in muslimisch geprägten Regionen ein; aber durch die Entwicklung des 20.
Jahrhunderts hat sich auch eine Minderheitssituation in mehrheitlich
glaubensloser Umwelt entwickelt. Es gibt auch Gegenden in unserer Welt, in
denen um die Freiheit des Glaubens aufs Neue gerungen werden muss. Mit großer
innerer Beteiligung nehmen wir deshalb heute all jene Orte in der Welt wahr, an
denen Christen Willkür und Verfolgung ausgesetzt sind.
Hilfsgelder statt
Heldengedenken – so lässt sich der Impuls von 1832 zusammenfassen. In der
Region Leipzig – dort wo die Zentrale des GAW angesiedelt ist – wird es schnell einleuchten, wenn man darin eine frühe Form von
„Schwerter zu Pflugscharen“ sehen kann. Keinem kann verborgen bleiben, dass der
schwedische König, in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich war; sein Handeln
entsprach dem, was man von einem erfolgreichen Kriegsherrn in den Grausamkeiten
des Dreißigjährigen Krieges zu erwarten hat; zu unkritischer Verherrlichung
taugt das nicht. Nach damaliger Vorstellung war es seines Amtes, dem Recht mit
Waffengewalt Raum und Durchsetzung zu verschaffen – und sei es auch, dass
dadurch ungezählte Soldaten und Zivilisten das Leben verloren. Auch wenn wir
uns darum bemühen, zu Verhältnissen beizutragen, in denen Frieden auf andere
Weise geschaffen und gesichert wird, haben wir freilich kein Recht dazu, dem
protestantischen König, der auf solche Weise tätig wurde, den Ernst des
Glaubens und die Aufrichtigkeit seiner Glaubensmotive streitig zu machen. Den
Kriegsherrn und den Verteidiger seines Glaubens zusammen zu sehen: das ist –
die keineswegs einfache – Aufgabe, vor die uns die Erinnerung an Gustav Adolf
stellt.“
Im Blick auf die Infragestellung des Namensgebers des GAW geht es in aller erster Linie um den Auftrag, den das GAW seit seiner Gründung leistet. Später nach der Gründung der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) wurde ausdrücklich festgehalten, dass das GAW das Diasporawerk der EKD ist. Damit verbunden ist eine Selbstverpflichtung der Gliedkirchen der EKD verbunden, sich für die weltweite evangelische Diaspora einzusetzen – und dies stellvertretend durch das GAW zu leisten . In der Grundordnung der EKD ist das verankert. Die Satzung des GAW nimmt das auf und erklärt als Selbstverpflichtung:
„Zur Erfüllung dieser Aufgaben hält das GAW Verbindung zu evangelischen Minderheitskirchen und -gemeinden, informiert über sie und bringt Mittel zur Förderung des kirchlichen Lebens in der Diaspora auf. Damit will das GAW im Zusammenwirken mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ihren Gliedkirchen und Gemeinden, die besondere Verantwortung für den Dienst in der Diaspora gemäß Artikel 16 der Grundordnung der EKD vom 13.07.1948 wahrnehmen.“
Die Vermittlung unserer Arbeit ist immer wieder eine Herausforderung. Und sie wird nicht geringer bei den Veränderungen, vor denen Landeskirchen und ihre Strukturen bis hin zur Gemeindeebene stehen. Und auch in unseren Landeskirchen und den weiteren übergeordneten Strukturen ist vieles unübersichtlich. Bei allem: Dennoch kann gerade der Blick zu den „kleinen“ Diasporapartnern helfen, den Blick zu weiten und zu erfahren, wie man als kleine Minderheit dennoch den Auftrag, den Kirche hat, mit Freude zu erfüllen.
Den Namen ablegen…? Ist das eine Option und notwendig? Seit dem 19. Jahrhundert wurde das immer wieder diskutiert. Und immer wieder hat man sich zur Beibehaltung durchgerungen, um auch einen Ausdruck für die Ambivalenz zu geben, in der wir letztlich alle leben: es gilt zu differenzieren! Einfache Wahrheiten gibt es nicht!
Pfr. Enno Haaks, GS des GAW
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