Pfarrer Martin Urdze |
„Die evangelisch-lutherische Kreuzkirchengemeinde in Liepaja versteht sich als diakonische Gemeinde“, sagt der lettische Pfarrer Martin Urdze. „Zum Wesen unserer Gemeinde gehört es, dass wir uns in Dienst nehmen lassen wollen. Alle Arbeit der Gemeinde ist von der Diakonie durchzogen. Denn Diakonie ist die Sorge der Kirche um den Menschen in allem, was ihn ausmacht an Leib, Seele und Geist.“ Für Pfarrer Urdze ist das Berufung. Kirche ohne Diakonie, ohne Dienst am Nächsten geht nicht. Und er ist davon überzeugt: Weil Jesus im Wesen der Kirche das Dienen sah, ist Zentrum der Kirche und der Gemeinde die Diakonie. Weil Jesus diakonisch gehandelt hat wurde er kritisch beäugt,
weil er von sich absah und nicht auf den eigenen Vorteil schaute, wurde er
angegriffen. Die Diakonie, der Dienst muss Inhalt und das Programm der Mission der Kirche sein.
Das ist gerade im lettischen Kontext geboten. Denn Nöte gibt es viele. So gibt es allein in der 70.000- Einwohnerstadt Liepaja 500 Menschen mit Behinderungen, die keine Chance haben, Arbeit zu finden. In der Kreuzkirchengemeinde ist die Arbeit für behinderte Menschen und mit ihnen zentral. Im „Domino-Markt“ werden Handarbeiten von ihnen verkauft. Der Erlös kommt ihnen zugute. Es gibt eine Werkstatt mit regelmäßigen Angeboten, wo Produkte hergestellt werden, wie z.B. Töpferarbeiten, Strickwaren, Holzarbeiten, Kerzen etc. Es gibt Beratungsangebote zur Orientierung. „Ich habe den Eindruck, dass die Not wächst und die Notwendigkeit, diakonische Angebote auszuweiten, größer wird“, sagt Urdze.
Diakoniezentrum in Liepaja |
Pfarrer Urdze lebt Diakonie. Er bindet sie intensiv in sein Gemeindeleben ein. „So kommen zu unserer Gemeinde viele Menschen, die mühselig und beladen sind. Sie finden in Gottesdiensten und sonstigen Angeboten ihren Raum.“
Urdze ist mit seinen Angeboten eine Ausnahme. Denn in vielen lutherische Gemeinden Lettlands werden andere Schwerpunkte gesetzt. Nicht weit von seiner Gemeinde entfernt befindet sich in Liepaja die Annengemeinde, in der viel Wert auf Liturgie gelegt wird, mit orthodoxen Tendenzen. Aber nicht nur da. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum die Kreuzkirchengemeinde sich in der lettischen lutherischen Kirche nicht mehr zu Hause fühlt. Sie haben sich der lutherischen Auslandskirche angeschlossen, die in diesem Jahr eine eigene Propstei in Lettland gegründet hat.
Diakonie als Herausforderung von Kirche – und Ruf, sich in dieser Welt in den Dienst nehmen zu lassen – das wäre doch eine Chance für die Lutheraner in Lettland, sich auf das Wesen von Kirche zu konzentrieren: Kirche ist nur dann Kirche, wenn sie für andere da ist.
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