Dr. Hüffmeiervor der reformierten Kirche

in Birzai

Nach dem englischsprachigen Internationalen Gottesdienst in der Lutherischen Kirche in Vilnius am Sonntagmorgen geht es nach Kėdainiai im Zentrum Litauens. Im Projektkatalog 2015 unterstützt das GAW die dringend notwendigen Reparaturen an der Kirche. Die Kirche liegt auf einem  Hügel und ist weithin sichtbar. Das zeigt die einstmalige Bedeutung der Lutheraner für diese Stadt. Ein Blick auf die äußere Fassade genügt, um uns von der großen Notwendigkeit dieser Reparaturen zu überzeugen.

 

Auch eine Reformierte Kirche gibt es in Kėdainiai. Das Gebäude ist allerdings staatliches Museum und enthält eine sehenswerte Renaissance-Kanzel und den Sarg des Fürsten Janusz Radziwiłł (1579-1620). Wie sein Vater war er Anhänger der calvinistischen Konfession und Gegner der Gegenreformation. So ist der Blick auf die große Kirche, die immer noch von der einstmaligen Bedeutung der Reformierten in Litauen zeugt. Die reformierte Gemeinde hat eine Übereinkunft getroffen mit dem Museum und darf hier Gottesdienste feiern. Das Zentrum der Reformierten Kirche befindet sich allerdings in Biržai im Norden des Landes, nur wenige Kilometer südlich der Grenze nach Lettland. Hier leitet Pfarrer Rimas Mikalauskas die Gemeinde. Ein Thema, das die Reformierte Kirche und somit auch Rimas Mikalauskas sehr beschäftigt, ist die Tatsache, das sie durch betrügerische Immobiliengeschäfte, an denen auch eines ihrer Mitglieder mitgewirkt hat, in Vilnius Grundbesitz und Gebäude verloren hat und nun jahrelang bemüht ist, auf dem Prozessweg den Schaden möglichst gering zu halten. Das kostet viel Kraft und auch Geld.

 

Die Region um Biržai leidet auch unter dem Wegzug vieler junger Menschen. „Das ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage“, meint Mikalauskas nachdenklich, „sondern der Wunsch, in einer Gesellschaft zu leben, in der Verlass ist auf die Rechtsprechung. Wir leben eben immer noch in einer postsowjetischen Gesellschaft“. Die neogotische evangelisch-reformierte Kirche ist ein weithin sichtbares Wahrzeichen von Biržai. Beim Anblick des hohen Turms erinnert Rimas Mikalauskas daran, dass er vor einigen Jahren durch einen heftigen Sturm zerstört worden war. Durch ein Sonderprogramm des GAW konnte die Restaurierung schnell durchgeführt werden, welche für die ganze Kirche eine große symbolische Bedeutung hat. Denn diese Kirche ist nicht nur der Mittelpunkt der größten reformierten Gemeinde in Litauen, sondern zugleich Ausdruck für das Überleben der Kirche unter kommunistischer Herrschaft.

 

Auch Pfarrer Mikalauskas freut sich über ein Exemplar der vom GAW finanziell geförderten Übersetzung „Dievo pėdsakais“ (Gottes Fußspuren), eine Anthologie grundlegender theologischer protestantischer Texte. Angesicht der Tatsache, dass die theologische Ausbildungsstätte in Klaipeda inzwischen geschlossen worden ist und seine Kirche nach neuen Wegen der theologischen Ausbildung sucht, ist diese Anthologie ein großer Schatz.

 

Wie die Kirche das Jahr 2017 als Reformationsjubiläum gestalten wird, ist noch unklar. „Wir haben jetzt erst damit begonnen, uns dazu Gedanken zu machen“, gibt Mikalauskas zu. Die Anregung des Präsidenten des GAW, Dr. Wilhelm Hüffmeier, etwa wie in Ungarn eine gemeinsame Tagung beider Synoden, der lutherischen und der reformierten, zu veranstalten, hält er für eine interessante Anregung, die er als Vorschlag aufnehmen will. – Vera Gast-Kellert

Derzeit befindet sich der Präsident des GAW Dr. W. Hüffmeier auf Besuchs und Projektreise in Litauen und Lettland. Begleitet wird er von Martin und Vera Gast-Kellert (ehemalige Leiterin der GAW-Frauenarbeit).