„Hier ruhen die Überreste von 18.000 unschuldig umgekommener und erschossener Landsleute. Die Wahrheit über die Orte der Massengräber und der Gründe ihres Todes wurde viele Jahre verschwiegen. Heute kennen wir ihre Namen. Lauf langsamer. Entblöße dein Haupt vor den Gräbern.“ 


So heißt es auf einer Gedenktafel an der Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer der Verfolgung der 30er bis 50er Jahre des stalinistischen Terrors 12 km außerhalb Jekaterinburgs. Es ist bedrückend die Namen so vieler Ermordeter unterschiedlichster Nationalitäten zu lesen: Russen, Deutsche, Finnen, Balten, Koreaner… – und die meisten Opfer sind aus den Terrorjahren 1937/38. – „An jedem 28. August erinnern wir uns als lutherische Gemeinde an das Erlittene,“ erzählt Pastor Waldemar Benzel. „Denn zu unserem Glauben gehört das Erinnern. Ohne Erinnern keine Versöhnung.“ Und er fährt fort: „Es ist bewegend zu hören, was unsere Gemeindemitglieder an diesem Tag aus ihren Familiengeschichten erzählen. Für die Rußlanddeutschen wird an diesem Tag an einen Erlass Stalins erinnert. Der schwarze Tag der Rußlanddeutschen im Jahre 1942.“ Selbst hat er genügend eigene Geschichten aus seiner Familie und der Familie seiner Frau zu erzählen. Sein Großvater wurde willkürlich verhaftet. Er sollte seinem Glauben abschwören. Seine Frau flehte ihn an, das nicht zu tun. Hätte er es gemacht, dann wäre er nicht sechs Jahre in Lagerhaft gekommen. Er hat es überlebt.  – So unendlich viele Leidensgeschichten und Einzelschicksale gibt es. Erschüttert steht man vor der langen Reihe von Namen, wie z.B. der Familie Wagner, die 1938 ausgelöscht wurde – Vater, Mutter und zwei Kinder…

Die lutherische Kirche wird auf einem ehemaligen lutherischen Friedhof errichtet. Geplant ist es, an der Kirche ein Gedenkkreuz zu errichten, um an die Verstorbenen zu erinnern, die einstmals hier zu Grabe getragen wurden und an die es kein Erinnern gibt. Ohne Erinnern keine Zukunft. Hier liegt eine wichtige Aufgabe, für die Kirche einstehen muss.