Bischof Bölskei und Generalsekretär  Enno Haaks

„Viktor Orbán hat den jüdischen Weltkongreß nach Ungarn eingeladen“, sagt Bischof Bölcskei von der Reformierten Kirche in Ungarn auf dem Kirchentag im Gespräch mit dem Generalsekretär des GAW. Es ging um die Frage eines wachsenden Antisemitismus und Faschismus in Ungarn. „Nach meinem Eindruck wird zu undifferenziert in deutschen Medien über Ungarn berichtet“, fährt Bölcskei fort. „Die breite Bevölkerung denkt nicht so, wie es in den Berichten erscheint. Wir als reformierte Kirche bemühen uns sehr darum gegen solches Gedankengut unsere Stimme zu erheben.“

In Budapest fand Anfang Mai der Jüdische Weltkongress statt – auch um ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in Ungarn zu setzen. In Ungarn machten in den vergangenen Monaten immer wieder judenfeindliche Vorfälle Schlagzeilen. Jobbik kam bei der Parlamentswahl im Jahr 2010 auf 17 Prozent der Stimmen. Die teilweise judenfeindliche Stimmung im Land führte dazu, dass der Jüdische Weltkongress Budapest als Ort für die Jahresversammlung 2013 auswählte, um Solidarität mit den ungarischen Juden zu zeigen. Ministerpräsident Viktor Orbán hielt die Eröffnungsrede.

Die ungarische Gesellschaft befindet sich auch 20 Jahre nach dem Mauerfall in einer Übergangsphase. „Die 2/3 Mehrheit der Partei von Orbán ist ein Ausdruck des Protestes gewesen“, meint Bölcskei. „Die Bevölkerung war zu Recht unzufrieden mit der politischen Situation. Leider haben die Rechtsradikalen Sitze im Parlament bekommen. Aber gleich die ganze Gesellschaft so darzustellen ist nicht richtig.“

Beim Regierungsantritt hat Bölcskei in seiner Predigt gemahnt, dass eine solche Mehrheit eine große Verantwortung bedeutet, die man nur mit Demut tragen kann. „Das würde ich heute noch einmal so sagen und unterstreichen,“ sagt Bölcskei. „Wichtig ist, dass wir als Kirche mithelfen, die Demokratie zu stärken und gegen Antisemitismus und jede Form der Radikalisierung unsere Stimme erheben!“

Im Gespräch spürt man sehr, dass es der Reformierten Kirche um eine differenzierte Wahrnehmung der Situation in Ungarn geht. Solche Stimmen zu stärken ist dem GAW wichtig!