Tai Chi Presbyterianer

„Der Fall der Mauer und der
Zusammenbruch des Ostblocks hatte große Auswirkungen auf unser Land,“ erzählt
Pastor Daniel Izquierdo, Generalsekretär der Presbyterianischen Kirche auf Kuba.
Bis vor Kurzem war er Moderator der Kirche. „Unser Land kam in eine große Krise.
Wir waren sehr vom Ostblock abhängig.“ Und dann erzählt er, wie Anfang der 90er
Jahre die Presbyterianische Kirche begann, sich sozial zu engagieren. „Im
Grunde wurde das aus der Not geboren. Sie war gefordert. Die Kirche hatte
internationale Beziehungen und bekam Hilfe von Partnerkirchen aus dem Ausland.
Der Staat war angewiesen, dass die Kirche sich jetzt diakonisch einsetzte.“ So
wurden Verbote gelockert, denn bis dahin erhob der Staat den Anspruch, für alle
diakonischen Aufgaben verantwortlich zu sein. Unter diesem Hintergrund hört es
sich anders an, wenn Daniel schildert, was in seiner Kirchengemeinde in Luyano,
einem marginalisierten Stadtteil Havannas, sich an Aktivitäten und diakonischem
Engegement entwickelt hat. Neben Tai Chi, reinem Wasser aus einer Filteranlage
(es gibt wiederholt Cholerafälle!!!), gibt es Garten- und Tierhaltungskurse,
Handarbeitsgruppen, Anonyme Alkoholiker u.a. Aktivitäten. Die Kirche hat sich
mit diesen Programmen einen Namen gemacht. „Unser Einsatz wird von den Menschen
wertgeschätzt,“ sagt Daniel. „Eine große Herausforderung ist jedoch, dass wir
noch stärker in die Gesellschaft wirken müssen. Da fehlt es noch.“ Vielleicht
hängt es auch damit zusammen, dass die kommunistische Regierung der Kirche viel
zu lange nur ein Randdasein zugestand.

Daniel hat im ersten Beruf
Architektur studiert. Er ist fest entschlossen, seine Gemeinde aufzubauen und
zu stärken. Und die Menschen kommen. „Wir haben 96 aktive Mitglieder. Mit
Kindern kommen jeden Sonntag ca. 100 Menschen zum Gottesdienst. Dazu gibt es
eine größere Gruppe von Sympathisanten,“ fährt er fort und schließt etwas
traurig: „Leider verlassen uns immer wieder mal Gemeindemitglieder. Sie wandern
aus, um im Ausland bessere Lebensbedingungen zu finden.“ – Pfarrer Enno Haaks

Sorgen um den Pfarrernachwuchs auf Kuba

„In den letzten fünf Jahren haben
wir pro Jahr einen Pfarrer verloren,“ erzählt Daniel Izquierdo, Generalsekretär
der Presbyterianischen Kirche. „Noch haben wir 21 PastorInnen für 41 Gemeinden.
Einige Pfarrer betreuen dadurch mehrere Gemeinden,“ sagt er. „Und oft müssen
die Studierenden der Theologie auch schon mit herangezogen werden. Am Wochenende
versorgen sie vakante Gemeinden.“

Pastor Daniel Izquierdo

Der Pfarrernachwuchs ist ein
großes Problem. „Vielleicht müssen wir das Studienprogramm anpassen und
verschlanken, denn derzeit ist es schwer unter diesen Bedingungen zügig
Nachwuchs zu bekommen.“

Die Frage der Pfarrausbildung ist
eine große Herausforderung der Kirche. Auswanderungen von Pfarrern, oft ohne
Ankündigung, setzen den Gemeinden zu. Manche kommen dadurch in eine Krise, denn „wie kann ein Hirte seine Herde verlassen,“ fragt Daniel Izquierdo. Dennoch muss dieses
Problem stärker in den Fokus der Kirche kommen. „Wir müssen sehen, dass wir
wirkliche Berufungen haben!“, sagt er – und im Stillen denke ich, dass das in
Deutschland im Grunde ähnlich ist.

Derzeit müssen die angehenden
Theologen fünf Jahre in Matanzas, zwei Autostunden östlich von Havanna,
studieren. Danach kommt eine praktische Phase mit anschließender Abschlussprüfung.
Das dauert. Und die Gemeinden brauchen jetzt fähige Menschen. – Pfarrer Enno
Haaks