Pastor Tatarnikow |
Kirche in Grodno |
Anläßlich
der 100-Jahr-Feier der lutherischen Kirche in Grodno in Weißrußland besuchte
der Btschafter der Bundesrepublik, Christof Weil, am 10. Juni den
Festgottesdienst der Lutherischen Kirche in Grodno.1912 wurde das
Kirchengebäude völlig rekonstruiert und erhielt sein heutiges Aussehen. Das
Gebäude war erheblich sanierungsbedürftig. Der Botschafter hat sich sehr für
die Renovierung eingesetzt. U.a. hat sich auch das GAW mit einer guten Summe
beteiligt. Der Botschafter hielt eine bewegende Ansprache:
„Mein erster Besuch bei Ihnen, lieber Wladimir, Ihrer Gemeinde und in
Ihrer Kirche anlässlich meiner ersten Dienstreise in die schöne Stadt Grodno im
Herbst 2010 berührte mich tief. Sie hielten damals in dieser geschichtskundigen
Kirche im Kreis einer kleinen Zahl von Gläubigen für meine Delegation eine
Andacht in deutscher Sprache. Als Botschafter Deutschlands und als
evangelischer Christ werde ich jene mich sehr bewegende Stunde der Einkehr und
der Reflektion nie vergessen. Mit Erschütterung gedachte ich des Schicksals
dieser Kirche und ihrer Gläubigen in unserem schrecklichen 20. Jahrhundert mit
seinen totalitären Ansprüchen an die Menschen, in denen kein Raum mehr war für
Religion – buchstäblich kein Raum, da die Gotteshäuser entweiht worden waren.
Zu dieser meiner Erschütterung trat Scham und Entsetzen, als ich damals
unmittelbar nach der Kirche die Grodnoer Synagoge besuchte. Ein Wort des jungen
Rabbis, der mir den einst prächtigen Tempel zeigte, wird mich ebenfalls mein
Leben lang begleiten. Er sagte über die grauenvollen Verbrechen der Deutschen
in diesem Land und an seiner jüdischen Bevölkerung: „Die Menschen hatten Gott
und deshalb ihr Gewissen verloren.“ Seit jenem Besuch, der mich so beeindruckt
und bereichert hat, fühle ich mich der Stadt Grodno, ihren Menschen und ihrer
wechselvollen, auch schweren Geschichte sehr verbunden. Ich freue mich, lieber
Wladimir, dass Ihre Gemeinde, der ich – wie Ihnen – in herzlicher Zuneigung
zugetan bin, beständig wächst und deshalb eine gute Zukunft haben wird. Ich
freue mich, dass wir heute im Jahre 2012 so zahlreich und gemeinsam,
Belarussen, Deutsche und Vertreter anderer Nationen, Christen verschiedener
Konfessionen, Gläubige und Nichtgläubige, zusammengekommen sind, um den
einhundertsten Geburtstag dieser Kirche in ihrer jetzigen architektonischen
Form zu feiern, deren Mauern so viel Trauriges gesehen haben, die aber auch
eine Wiedergeburt erlebt. Ich freue mich, dass wir uns heute in unserem
zusammenwachsenden Europa ohne nationale Überhebungen auf unser gemeinsames
kulturelles, philosophisches und religiöses Erbe berufen können, um miteinander
für die nachfolgenden Generationen ein besseres Europa zu bauen. Und ich bin
froh, in Herrn Gouverneur Schapiro und seinen Mitarbeitern, wie auch in der Verwaltung
der Stadt Grodno, Partner gefunden zu haben, die die Bedeutung dieser
lutherischen Kirche als unser gemeinsames belarussisch-deutsches Kulturerbe
hoch schätzen und jede Anstrengung zu ihrer Bewahrung unterstützen. Haben Sie
herzlichen Dank dafür! Ein Kollege in Berlin sagte neulich mit Blick auf die
Unterstützung dieser Kirche in Deutschland: „Viele Hände bauen eine Kirche!“
Vielfältig ist daher auch der Dank, den ich aussprechen möchte insbesondere der
Evangelischen Kirche Deutschlands und ihren Gliederungen…“
(Quelle: Deutsche Botschaft in Minsk / Belarus)
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