Der russische Staat hat im vergangenen Jahr ein
Restitutionsgesetz erlassen. Es erlaubt u.a. Kirchen, ihre ehemaligen
Liegenschaften wieder als Besitz zu erlangen. Das ist für viele
Kirchengemeinden überlebensnotwendig. „Für 12 Liegenschaften haben wir in St. Petersburg
einen Antrag auf Rückübertragung gestellt“, erzählte uns der Verwaltungsleiter
Valentin Dovgan in St. Petersburg. „Damit könnten wir bei guter Bewirtschaftung u.a. die
Ausbildungsstätte finanzieren.“ Über das Zentrale Kirchenamt der Evangelisch-Lutherischen
Kirche (ELK) wird jetzt schon eine Buchhandlung am Newski Prospekt geführt, das Gewinne
erwirtschaftet. In Moskau ist man ebenfalls dabei, die Papiere zusammenzutragen, um die Kirche und die verschiedenen Nebengebäude zu erhalten. Danach
stünde wohl ein größeres Investitionsprogramm an. Jedoch könnte man bei guten
Vermietungen auch hier die Kirchengemeinde finanzieren und die Kirche erhalten.
Überhaupt spielt die Frage des Konzeptes eine große Rolle. Nur dort, wo zusammen mit der Kirche
bewirtschaftbares Eigentum zurückgeben wird, lohnt sich die Rückgabe. Das ist
an den verschiedenen Orten unterschiedlich. In Sarepta kommt ein weiteres
Problem hinzu. Hier gibt es alte historische Gebäude, auf die das städtische
Museum Anspruch erhebt. Sie kämpft  mit
der Kirchengemeinde um die Rückgabe. Zudem wird argumentiert, dass die
lutherische Gemeinde ursprünglich nicht Nutzerin der Kirche war, sondern die
pietistische Herrenhuter Bewegung. Wobei die Herrenhuter Ende des 19.
Jahrhunderts Teil der lutherischen Kirche wurden. Einzig in Samara ist die
Rückübertragung bisher gelungen.

Problematisch bei der Restitutionsfrage sind weiterhin die
Schwierigkeiten zwischen den Gliedkirchen und der ELK, die sich als
Rechtsnachfolgerin der alten ELKRAS-Kirche sieht. Wer ist zuständig? Wer darf
Anträge stellen? Wie regelt man die Zuständigkeiten? Für die Zukunft der
Kirchen und ihrer Gemeinden ist es wichtig, dass man dem Staat gegenüber
vereint auftritt. – Pfarrer Enno Haaks