Präsident Dr. Hüffmeier im Gespräch mit VwL Dovgan von der ELK

„Wir sind an einem Nullpunkt angekommen“,gibt der Verwaltungsleiter Valentin Dovgan des Zentrales Kirchenamtes der Evangelisch-Lutherischen Kirche (ELK) freimütig zu. Die ELK ist seit anderthalb Jahren Rechtsnachfolgerin der ELKRAS, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rußland und anderen Staaten.

Valentin Dovgan erklärt uns in einem Gespräch die Hintergründe der gegenwärtigen Krise des Kirchenbundes. Nach der Perestroika hat sich eine zentralistisch ausgerichtete Kirche gebildet unter dem damaligen Erzbischof Georg Kretschmar. Die Realitäten änderten sich jedoch bald, allein dadurch, dass Länder wie die Ukraine, Georgien, Kasachstan, Kirgistan und Usbeskistan ihre Unabhängigkeit erklärten und sich zu selbstbewussten Partnerstaaten Rußlands entwickelt haben. Wirtschaftlich ist man aufeinander gewiesen, jedoch haben die einzelnen Länder unterschiedliche Entwicklungen durchgemacht. Das hat auch zu einer stärkeren Unabhängigkeit der einzelnen lutherischen Kirchen geführt. Schwierig ist es jedoch auf russischem Gebiet. Rechtlich kann man fast von drei Kirchen sprechen: der ELKER (Ev.- Luth. Kirche im Europäischen Rußland), der ELKUSFO (Ev.-Luth. Kirche im Ural, Sibirien und Fernen Osten) und der ELK. Wie beziehen sich diese drei rechtlichen Kirchenstrukturen aufeinander? Wer hat das sagen? Wer ist der Gegenüber zum Staat? Wie soll die Zukunft der Kirchen im russischen Gebiet in Zukunft aussehen?

Solche unbeantwortete Fragen hemmen zur Zeit die weitere Entwicklung. Davon betroffen sind auch Fragen der Rückgabe von Kircheneigentum, das nach der Revolution enteignet worden war. Das führt zu Konflikten, die gelöst werden müssen. Die Kirchen sind klein. Das Gebiet ist riesig. Den Zusammenhalt zu wahren ist ebenso schwierig, denn es gibt sehr unterschiedliche Frömmigkeitsstrukturen. Dazu kommt ein Netz von Partnerschaften zu Kirchen und Gemeinden im Ausland, das unübersichtlich ist. Jeder hat dabei bestimmte Interessen, die durchaus unterschiedlich sind. Wir beobachten die Entwicklungen und hoffen und beten, dass es zu einem Miteinander kommt, das tragfähig ist. „Wir brauchen eine Unterstützung von außen, um zu verstehen, wer wir als Lutheraner in Russland sind“, sagt Propst Zierold im Gespräch in der Petrikirche. – Pfarrer Enno Haaks