Pastorin Christa Hunzinger vom Nordelbischen Missionszentrum berichtet von einem Seminar des Pastoralkollegs ihrer Kirche, das sie in Klaipeda/Litauen geleitet hat: „Die Lutherische Kirche in Litauen ist eine Minderheitskirche, nur 0,6 % sind lutherisch, dagegen 86 % römisch-katholisch und 12 % russisch-orthodox. Es gibt 23 Geistliche (Pastoren und Diakone) in Litauen, einen Pastor in Deutschland und drei in den USA und Kanada. Trotzdem ist die Lutherische Kirche in der Öffentlichkeit als eine der drei wichtigsten Konfessionen präsent. Es gibt an jedem Sonntagmorgen um 8 Uhr eine 15-minütige Sendung über die lutherische Kirche im Fernsehen. 

Und am 11. März 2012, dem Tag der wiedererlangten Unabhängigkeit, durfte Bischof Mindaugas Sabutis im Parlament als Vertreter aller Religionsgemeinschaften die Ansprache halten, wie er bei seinem Besuch im Pastoralkolleg erzählte. … Die Jugendarbeit der lutherischen Kirche wird rein ehrenamtlich geleitet . Das erste Jugendlager in Butinge fand bereits vor 30 Jahren statt, damals zu sowjetischer Zeit natürlich inoffiziell. Inzwischen nehmen an diesem Lager, das jedes Jahr im Sommer stattfindet, 300 bis 400 Kinder und Jugendliche teil. Des Weiteren gibt es einen Evangelischen Kirchenmusikverband Litauens (LEBMS), der 1995 von allen evangelischen Konfessionen gegründet wurde. Er organisiert jährlich ein großes Chorfest an wechselnden Orten, 2011 nahmen in Šilutė (Heydekrug) über 300 ChorsängerInnen daran teil. Jedes zweite Jahr findet auch ein kirchliches Singspiel für Kinder statt. 

Wichtig ist die diakonische Arbeit der Kirche, die von Pastor Mindaugas Kairys geleitet wird: Bereits 1904 wurde sie in Litauen gegründet. In sowjetischer Zeit (der „Rote-Pest-Zeit“) waren keine Diakoniestationen möglich. Nach der Wende wurden gemeindliche Diakonievereine gestartet, acht von ihnen gründeten 2007 den Landesverband der Lutherischen Diakonie in Litauen. 2008 wurde das Rehabilitationszentrum Gabrielius als gemeinsames Projekt beschlossen, nachdem Menschen mit Suchtproblemen die Lutherische Kirche um Hilfe baten. In einem alten, verfallenen Pastorat wurde ein Rehabilitationszentrum für Alkohol- und Drogenabhängige und Menschen mit psychischen oder sozialen Problemen begonnen. Die Arbeitstherapie ist die Sanierung des Hauses sowie die Selbstversorgung mit Tierhaltung. Heute leben dort 17 Menschen, das Rehabilitationsprogramm dauert je 1 ½ Jahre, das Erdgeschoss ist bereits gut renoviert. Es gibt Öffentlichkeitsarbeit, Mindaugas Kairys und auch die Bewohner berichten in Schulen und an der Universität. Ziel ist die Anerkennung als EU-Projekt. Dies schaffe zwei Arbeitsplätze und unterstütze laufende Renovierungen und die Verpflegungskosten. 

Eine klare gemeinsame Definition, was es heißt evangelisch in Litauen zu sein, bleibt weiterhin schwierig. In Litauen zum Beispiel ist Evangelisch-Sein immer noch stark verknüpft mit Deutsch-Sein, nach dem Motto: die Litauer in unserem Land sind katholisch, die Russen orthodox, die Deutschen evangelisch. Eine inhaltliche Beschreibung fällt weniger leicht. Vielleicht kann uns das gemeinsame Evangelisch-Sein vor allem im Feiern von Gottesdiensten und Andachten bewusst werden…“