Es ist ein regnerischer Tag. Mit dem Allradwagen fährt Martha Wilches, Leiterin der Diakonie der IELCO (Iglesia Ev. Luterana de Colombia), vorsichtig den steilen Hang in Soacha nahe Bogotas hinunter, um zur Seniorentagesstätte zu gelangen. Sie ist verantwortlich für das Zentrum, in dem 40 Senioren täglich mittags versorgt werden. Zudem kommt an zwei Tagen Pastor John Hernández, um die Senioren seelsorgerlich zu betreuen und Vertrauen zu den Bewohnern des Sektors aufzubauen. 

Inzwischen ist die IELCO mit ihrer Arbeit bekannt und geschätzt. Die Senioren leben in den prekärsten Verhältnissen und sind oft auf sich alleine gestellt. Schlimme Schicksale liegen hinter ihnen als sogenannte „desplazados“ (Binnenflüchtlinge). Unter Tränen berichtet Minda von ihrem Neffen, der seit zehn Jahren vermisst gilt, nachdem er von der FARC verschleppt wurde. Sie selbst wurde aus ihrer Heimat durch konkurrierende Guerillas mehrfach vertrieben. Als sie das erzählt, geht ein Raunen durch den Raum des Seniorentreffs. Martita, 71 Jahre alt, erzählt von den ersten Vertreibungen in den 1950er Jahren. „Da wurde meine ganze Familie getötet. Das war so fürchterlich!“ Das letzte Mal wurde sie 2008 vertrieben und lebt jetzt in einer Baracke in Soacha. Das diakonische Zentrum bedeutet für diese 40 Senioren ein Stück Würde in ihrem Leben. Sie werden wahrgenommen. „Hier habe ich Freunde“, erklärt Bernardo. „Auf meine Nachbarn kann ich mich nicht verlassen. Ihnen traue ich nicht.“ 

Mit Hilfe der nordamerikanischen lutherischen Kirche konnte diese Tagesstätte für Senioren errichtet werden. Die Arbeit der IELCO hier wird durch eine Sozialeinrichtung der Kirche finanziell getragen. Eine not-wendende Arbeit! Pastor Hernández bietet jeden Samstag Gottesdienste an. Die sind wahrlich ökumenisch! Und sie sind wichtig, um diese Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt spirituelle Nahrung zu geben. „Neben dem Essen braucht die Seele auch Nahrung!“, sagt er zum Abschluss. – Pfarrer Enno Haaks