Pfarrer Matthias Burghardt

Pfarrer Matthias Burkhard betreut die lutherische Gemeinde deutscher Sprache in Tallinn innerhalb der Estnischen Ev.-Lutherischen Kirche. Er sitzt in der Synode der Kirche und begleitet intensiv die Entwicklungen. In jüngster Zeit gab es Spannungen gerade im Blick auf die Frage, wie die theologische Ausbildung der Kirche in Zukunft gestaltet sein soll. Wird es letztlich eine akademische Ausbildung wieder in Tartu geben mit einer anschließenden Predigerseminarausbildung in Tallinn? oder – wie ein guter teil der Synode wollte: eine Art Priesterseminar abgeschieden in der Einsamkeit? Jetzt gab es erneut Diskussionen, denn es wurde von Pfarrer Jaan Lahe im September ein „christlich-humanistisches Manifest“ verfasst und ins Internet gestellt. Pfarrer Burckhard kommentiert in seinem Gemeindebrief die Situation folgendermassen: „Darin wird eine Entwicklung der Kirche weg von den Menschen und hin zu einer fundamentalistischen Sekte befürchtet, die kritische Lesarten der Bibel ausschließt und gegen Andersdenkende rigoros vorgeht. Das Manifest löste eine teils ungehörige Diskussion aus, immer wieder werden in den Kommentaren persönliche Beleidigungen geäußert und zugleich endlos das Thema Homosexualität und Kirche traktiert. Insgesamt wurde das Manifest von 259 Leuten unterschrieben. Als Antwort verfasste Pfarrer Kristjan Luhamets ein „Manifest des traditionellen Christentums“. Darin wird die Verkündigung von Rechtfertigung und Heiligung durch Jesus Christus als Kernpunkt der Kirche benannt. Die Diskussion bewegt sich leider auf ähnlich niedrigem Niveau. Dieses Manifest haben 587 Personen unterschrieben. Ich habe beide „Manifeste“ nicht unterschrieben. Zum einen halte ich beide Texte formal für völlig ungenügend. Schon der Titel verwundert: Was ist „humanistisch“ und „traditionell“? Leerformeln, die jeder füllen kann, womit er will. Zum anderen werden theologische Diskussionen seit dem Mittelalter durch Thesen angestoßen-und eventuell zum Schluss durch Manifeste abgeschlossen, wenn man sich denn hinreichend einig ist, nicht umgekehrt. Und schließlich nervt die derzeitige Zuspitzung überhaupt aller Fragen auf die Frage nach der Trauung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Es scheint so, dass die Fixierung auf diesen Streit kirchenspaltend und unproduktiv ist.“