Estland gilt als das am wenigsten religiöse Land der Welt. Laut Umfrage halten weniger als 20 Prozent der 1,3 Millionen Einwohner Religion für einen wichtigen Faktor ihres Lebens. Zum Vergleich: Etwa 70 Prozent der Deutschen stufen sich als religiös ein. Die Gottesdienste sind in Estland nicht gut besucht. Und wenn von Kirche die Rede ist, dann meint man die Gebäude, aber nicht die Menschen, die sich sammeln, um sich an Gottes Wort auszurichten.

Pfarrer Tuhkru

Laut Pfarrer Arho Tuhkru wollten die Esten traditionell wenig mit der Kirche zu tun haben: „Glaube an sich selbst spielt eine wesentlich größere Rolle als der Glaube an Jesus Christus.“ Gleichzeitig blühe jedoch das Heidentum auf und damit verbunden eine aggressive antikirchliche Strömung.

Estland ist sicherlich auch aufgrund der 50-jährigen sowjetischen Okkupation ein säkulares Land geworden. Es hat eine wechselhafte jüngere Geschichte. Bis 1918 gehörte es zum russischen Zarenreich; danach war es zunächst unabhängig. Nach dem Hitler-Stalin-Pakt wurde es 1940 von der Sowjetunion annektiert, dann von 1941 bis 1944 von der deutschen Wehrmacht besetzt. 1944 wurde das Land wieder in die Sowjetunion eingegliedert. Nach dem Niedergang der kommunistischen Herrschaft stellte Estland 1991 seine Souveränität wieder her.

Nach Angaben des Religionsstatistikers Patrick Johnstone sind heute etwa 54 Prozent der Bevölkerung nichtreligiös. Als Christen bezeichnen sich 45,3 Prozent. Den Rest bilden Gruppen von Juden, Muslimen, Buddhisten und anderen. Die größten Kirchen sind die russisch-orthodoxe (66.400 Mitglieder), die lutherische (46.000) und die estnisch-orthodoxe (12.500).