„No hay gasolina“ steht mit großen Buchstaben auf einem alten Autoreifen geschrieben, so dass man es schon von der Straße aus lesen kann. Dann braucht man nicht mal in die Tankstelle hineinzufahren. Eine Tankstelle ohne Benzin! Und wenn es nur diese eine wäre. Sie war nämlich unsere letzte Hoffnung, ein wenig vor der Stadt gelegen. Caranavi ist ohne Benzin, und als man sich ein wenig mit den Leuten an den kleinen Läden und Werkstätten entlang der Straße unterhielt, stellte sich heraus, dass dieser Zustand nunmehr seit einer Woche andauert, wenn nicht gar länger. Dass auch niemand von der lutherischen Gemeinde Caranavi auf die Idee kam, unseren Fahrer, Pastor Francesco aus La Paz, zu warnen!

So saßen wir mit leerem Tank in Caranavi fest und konnten nicht hoch zu den Dörfern, zu denen wir eigentlich wollten: Calama und Moskovia. In den beiden Dörfern ist mit Hilfe des GAW eine kleine Kirche gebaut worden. Besonders Calama lag uns am Herzen. Dort dürfte die Kirche inzwischen fertig sein, aber mich interessierte auch, was dort um die Kirche und die Gemeinde herum entstanden ist. Die Gemeindeglieder, kleine Kaffeebauern, haben sich zusammengetan und sich mit dem Bau einer Lagerhalle von fragwürdigen Zwischenhändlern unabhängig gemacht. Die Idee und der Mut dazu sind in der Gemeinschaft der lutherischen Gemeinde gewachsen. Diese schöne Geschichte kann ich jetzt leider nicht erzählen.

Dafür haben wir das Mädcheninternat der lutherischen Gemeinde, das „Verena-Wells-Haus“, angeschaut. Hoffentlich wird es im nächsten Jahr seiner Bestimmung übergeben. Wir haben mit Gemeindegliedern und Handwerkern Abendbrot gegessen und am nächsten Tag an einem zweistündigen Gottesdienst mit viel Gesang auf Spanisch und Aymara teilgenommen.
Die Benzinknappheit sei, so erzählen uns die Leute, eine Erpressung durch die rohstoffreichen Provinzen. Sie würden alle Mittel einsetzen, um doch zu ihrer Autonomie vom armen Hochland im Norden zu kommen.

Zurück nach La Paz sind wir mit dem Benzin gefahren, das uns ein Zwischenhändler zum doppelten Preis verkauft hat. Nicht gerade vorbildlich, aber so haben wir hautnah die Lebenswirklichkeit in Caranavi mitbekommen – mit „no hay gasolina“.