Der Eingang zur historischen lutherischen Kirchengebäude aus hellen Klinkern.
In Taschkent steht das einzige historische Kirchgebäude in Zentralasien.
Fotos: Reder/GAW Hessen-Nassau

Vom 22. bis 29. Oktober 2025 reisten Pfarrer Achim Reis und Stefan Reder im Auftrag des GAW Hessen-Nassau nach Usbekistan, um die dortigen lutherischen Gemeinden zu besuchen und den Austausch zu pflegen. Das Leben der Gemeinde in der Hauptstadt Taschkent ist durch staatliche Auflagen und demographische Herausforderungen geprägt.

Staatliche Überwachung

Die kleine neogotische Kirche in Taschkent wird vom Ehepaar Schmidt geleitet: Ludmilla als Predigerin und Viktor als Gemeindevorsteher. Bereits vor dem Betreten der Kirche sowie im Kircheninneren fielen uns die Überwachungskameras auf, die auf Anweisung der Staatssicherheit neu installiert wurden – finanziert durch GAW-Spendengelder. Laut Gemeindevorsteher Viktor sei dies eine Reaktion auf eine Messerattacke in einer Moschee, die Folge ist jedoch eine intensivere Überwachung des Gemeindelebens.

Bauliche Hürden und fehlende Kontinuität

Im hinteren Teil des Kirchenschiffes stehen rechts und links Fensterrahmen und -gläser zum Einbau bereit. Es ist eine unendliche Geschichte, die 2007 begann. Die Qualität der gelieferten Fenster ist mangelhaft, die Montage wurde durch den Fensterbauer verzögert, und nun stellt sich das Denkmalamt quer. Neue Fenster seien eine Veränderung am Bau, und diese müsse erst genehmigt werden. Dass die Kirche bis 1977 eine fensterlose Ruine war, interessiert hier nicht.

Am Ende unseres Besuches treffen wir zusammen mit Predigerin Ludmilla den aktuellen Fensterbauer. Wir einigten uns auf eine gewisse Mängelbehebung und den Einbau, unter der Voraussetzung, dass die Denkmalbehörde zustimmt.

Gottesdienst unter Auflagen

Vor dem Sonntagsgottesdienst stellte sich heraus, dass Pfarrer Reis nicht predigen darf. Am Freitag waren Vertreter des Justizministeriums zu Überprüfungszwecken in der Kirche. Dabei sagten sie auch, es gäbe ein neues Gesetz: Ausländische Vertreter religiöser Gemeinschaften müssten ihre Ankunft im Land beim Ministerium 20 Tage im Voraus anzeigen, Kopie vom Reisepass und Nachweis der theologischen Qualifikation wären miteinzureichen. Vorsichtshalber sprachen wir lediglich ein Grußwort im Jackett anstelle einer Predigt im Talar.

Der Gottesdienst wurde durchgehend zweisprachig auf Deutsch und Russisch gefeiert, die Predigt jedoch nur auf Russisch, da die wenigsten Deutsch verstehen.

Fragen zur Zukunft

Beim anschließenden Gespräch bei Tee, Kaffee und Torte zeigten sich zwei jüngere Personen sehr interessiert: eine russische Philosophie-Studentin und ein junger Mann ohne deutsche Wurzeln, der die Social-Media-Auftritte der Gemeinde betreut und sogar Usbekisch beherrscht. So könnte die Zukunft aussehen. Vor dem Hoftor trafen wir einige Tage später drei Studenten, die neugierig zur Kirche hinschauten. Sie machten im Rahmen ihrer Ausbildung eine Umfrage zu touristisch interessanten Stätten der Stadt – und die lutherische Kirche zählt dazu. Immer wieder merkten wir es: Es gibt Interesse an Kirche und Gemeinde. Allerdings fehlt der Gemeinde die Kraft, dieses Interesse aufzugreifen und daraus eine Perspektive für die Zukunft zu entwickeln. Die Arbeit wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Zuwendungen der deutschen Landeskirchen für die Diasporaarbeit abnehmen. Damit werden auch die Möglichkeiten des GAW zu helfen geringer.

Ein ausführlicher Bericht von Achim Reis und Stefan Reder über alle Begegnungen in Usbekistan: https://www.gustav-adolf-werk.de/reisebericht-usbekistan-2025.html

Predigerin Ludmilla Schmidt leitete den Sonntagsgottesdienst.