GAW Zentrale im Dezember 1943

Fünf Jahre tobte schon der 30-jährige Krieg, als Georg Weissel im Jahr 1623 – vor 400 Jahren – in Königsberg eines der beliebtesten Adventslieder dichtete: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“. Was hat er damals in Ostpreußen von diesem Krieg mitbekommen? War es weit weg? Wie kamen Nachrichten über den Kriegsverlauf in seine Region?

Heute vor 80 Jahren, am 4. Dezember 1943 ereignete sich der verheerendste Luftangriff im 2. Weltkrieg auf Leipzig. Das Inferno begann in den frühen Morgenstunden und dauerte eine knappe halbe Stunde. 2.500 Menschen kamen dabei ums Leben. 4.500 wurden schwer verletzt. Rund 140.000 Menschen wurden obdachlos. Von den großen Gebäuden der GAW-Zentrale und der katholischen Probsteikirche, die im Stadtzentrum am Neuen Rathaus einander gegenüber standen, blieb nur ein Schutthaufen übrig. Das alles in der Adventszeit …

Wie haben vor 80 Jahren die Menschen dieses Lied aus dem 30-jährigen Krieg gesungen?

Wie singen wir dieses Lied in unserer Zeit, in der so viel so trostlos erscheint? Dabei ist das Lied genau der Gegensatz – tröstlich und frohmachend.

„Macht hoch die Tür“ ruft uns auf, Gott freudig aufzunehmen, ihn in unsere Häuser zu lassen und ihm im eigenen Herzen Raum zu geben – und das gerade angesichts großen Leids. Die Welt braucht unseren Protest gegen die vernichtende Gewalt. Die Welt braucht die widerspenstige Hoffnung des Glaubens. Diese Hoffnung ist es, die uns davor bewahren will, die Türen zu verschließen und die Tore zu befestigen angesichts so vieler Unsicherheiten und Bedrohungen. Dieses Lied hat etwas Trotziges. Es spricht gegen Gewalt, gegen Krieg, gegen Ungerechtigkeit.

Allein die ersten Worte „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ sprechen aus, was jetzt wichtig ist. Gegen alle Angst in der Welt wird der Freude Ausdruck gegeben, dass ein anderer König kommt. Wenn er kommt, dann werden die Tore und Türen weit geöffnet. Denn: Sein Charakter heißt „Gerechtigkeit“. Sein Zepter ist „Barmherzigkeit“. Und er wird getragen von „Sanftmütigkeit“. Worüber er herrscht, das ist kein Gebiet, sondern das Herz jedes einzelnen Christen und jeder einzelnen Christin.

So heißt es am Ende des Liedes:

„Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein; dein Freundlichkeit auch uns erschein.“

Vor 400 Jahren wurde es in Kriegszeiten geschrieben und gesungen. Vor 80 Jahren in Leipzig garantiert auch trotz der Zerstörung und des Leids. Und heute muss es gesungen werden, weil unsere Welt bedroht ist und so viele Kriege gleichzeitig da sind. Gerade heute!