Bischof Sandor Zan Fabian

Zum Jahrestages des Beginns des Ukrainekrieges haben wir unsere Partner um eine Stellungnahme gebeten.

Sandor Zan Fabian ist Bischof der Reformierten Kirche in Transkarpatien. Vor dem Krieg hatte sie ca. 65.000 Mitglieder. Ca. 30% der Mitglieder, die der ungarischen Minderheit im Land angehören, haben das Land verlassen.

Zan Fabian schreibt:

„Seit einem Jahr lebt die Ukraine und auch wir in den Unterkarpaten im Schatten des Krieges. Wir selbst haben nicht damit gerechnet, dass er so ernst wird und so lang dauern würde. So viele Menschen haben bereits ihr Leben in dem Krieg verloren, der kein Ende zu nehmen scheint. Die Ungewissheit und die Angst des Alltags belasten uns körperlich und seelisch. Nur der Glaube an Gott gibt uns in unseren Schwierigkeiten Kraft. Seit Monaten haben wir Hunderte von Flüchtlingen aufgenommen und betreut – ganz gleich, woher sie kamen und wer sie waren. Wir haben sie geschützt und unterstützt, so gut wir konnten. Wir haben alles getan, ihnen eine warme und sichere Unterkunft zu bieten. Das ist unsere christliche Pflicht. Gott sei die Ehre für all dies.
Rückblickend sind wir hier in den Unterkarpaten dankbar, dass wir im vergangenen Jahr nicht ein einziges Mal wegen der Anschläge tage- oder wochenlang in Kellern und Unterkünften ausharren mussten – wie so viele andere Menschen in der Ukraine. Wir sind dankbar, dass unserer Pastoren, Mitarbeiter und Lehrer mehrheitlich geblieben sind. Wir sind dankbar, dass Gott uns inmitten von Prüfungen, Stromausfällen und kalten Wintertagen bewahrt und unser Leben geschützt hat. Wir haben unseren Partnern im Ausland viel zu verdanken. Sie haben uns unterstützt und uns im Gebet mitgetragen. Es ist traurig zu sehen, dass so viele Familien durch den Krieg auseinandergerissen wurden, Kirchenmitglieder vertrieben und ihre Plätze in den Kirchenbänken leer geblieben sind. Aber wir beten weiter, vertrauen und hoffen. Wir glauben und hoffen fest, das eine Zeit kommen wird, in der unsere Freunde und Familien zurückkehren und unsere Gemeinschaften erneuert werden. 2023 ist für uns ein Jahr der Hoffnung. Wir hoffen, dass Gott seine Verheißung erfüllen und uns eine Zukunft schenken wird. Wir werden nie aufhören, für den Frieden zu beten. Wir hoffen, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs den Frieden suchen. Waffen retten nicht. Sie töten. Lasst uns für den Frieden beten, denn nur der Frieden kann nicht nur in der Ukraine, sondern in der ganzen Welt eine Veränderung bewirken.“

Bischof Pavlo Shvartz

Die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine ist klein. Ihr gehörten vor dem Krieg ca. 2.000 Mitglieder an. Über 50% der Mitglieder haben das Land verlassen. Es gibt Gemeinden in den von russischen Truppen besetzte Gebiete. Andere liegen unter Beschuss. Die kleinen Gemeinden leisten viel an humanitärer Hilfe mitten im Krieg. Bischof Pavlo Shvartz ist gleichzeitig Diakoniechef. Er hat auf www.chrismon.de für den Jahrestag geschrieben. 

Daraus sind folgende Worte:

„In meinem nahen Umfeld habe ich erlebt, dass Menschen ihre Lieben verlieren und ihr Zuhause von jetzt auf gleich zerstört wurde. Das erschüttert mich zutiefst. Auch ich mache mir Sorgen um die Zukunft meiner Familie. Bisher habe ich noch niemanden aus meiner Familie oder meinem Bekanntenkreis im Krieg verloren.
Tod und Leben liegen so nah beieinander, manchmal hat man Angst und zugleich Hoffnung, und so bleiben viele Menschen hier. Aber einige Gemeindemitglieder sind in sicherere Gebiete der Ukraine oder andere Länder geflohen. Zugleich kommen neue Menschen in die Stadt und in die Gemeinde.

Die Menschen wünschen sich Frieden, dauerhaften und gerechten Frieden. Und grundlegende Dinge zum Überleben: Arbeit, Unterkunft, Essen, Medizin. Bevor wir als Kirche über Frieden und Vergebung sprechen können, muss die Gewalt beendet werden. Sonst hört sich das wie ein grausames Moralisieren an. Es gibt keine einfache Lösung, um den Krieg zu beenden. Er kann mit einem Sieg einer der Parteien enden. In diesem Fall hoffe ich auf einen Sieg der Ukraine. Oder mit einem Waffenstillstand. Dann aber steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein neuer Krieg ausbricht.


Wir sind weiterhin auf Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft angewiesen – ja, auch durch Waffen. Erst damit können wir uns verteidigen. Menschen, die uns Ukrainerinnen und Ukrainern das Recht absprechen, uns selbst zu verteidigen, verstehen wahrscheinlich nicht die Konsequenzen – anhaltende Besatzung, Versklavung, Folter, Gewalt und der Einsatz von Gefangenen für weitere Kriege durch Russland. Für einen naiven Pazifisten ist es vielleicht bequem, weit weg vom Krieg in einem Land mit einer starken Armee zu leben.

Für mich war es ein ermutigender Tag, als die russischen Truppen, die in Charkiw einmarschiert waren, besiegt wurden. Diese Hoffnung, dass wir aufstehen und frei bleiben würden! Es gab viele solche Momente. Du lebst, und dafür lohnt es sich, Gott zu danken und weiter durchzuhalten.“ (https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2023/53567/ein-jahr-ukrainekrieg-bischof-shvarts-berichtet-aus-charkiw)

Zum Jahrestag des Krieges ist dieses Friedensgebet entstanden, das am 6. Februar 2023 in der Nikolaikirche gehalten wurde: https://www.gustav-adolf-werk.de/files/gaw/downloads/Predigten/2023_Friedensgebet_Ukraine.pdf

Unter folgendem Link finden sich Berichte zur bisher geleisteten Ukrainenothilfe: https://www.gustav-adolf-werk.de/ukraine-hilfe-krieg.html

Das GAW unterstützt beide evangelischen Kirchen. Bitte helft mit: https://www.gustav-adolf-werk.de/spenden.html