Protest. Zentrum in Nessonvaux

„Man hat es sich nicht vorstellen können, dass die Vesdre (Weser) einmal so extrem ansteigen würde,“ sagt Steven Fuite, Synodalpräsident der Vereinigten Protestantischen Kirche in Belgien (VPKB). „Sogar ein Container wurde über der Brücke am Protestantischen Zentrum gespült.“ 

Nessonvaux ist ein idyllischer wallonischer Ort in der Provinz Lüttich an der Vesdre.

Das Protestantische Zentrum hat hier eine lange Tradition. Vor 50 Jahren entstand es aus der damals schrumpfenden protestantischen Gemeinde und hat sich zu einem beliebten Freizeitheim entwickelt. Es liegt direkt an der Vesdre, die hier normalerweise friedlich entlangfließt und 3 Meter breit war. Jetzt hat der Fluß eine Breite von 8 Meter. Er hat alles mitgerissen, was irgendwie im Weg war. Die Kapelle des Protestantischen Zentrums wurde zur Hälfte zerstört. Die Mauerreste liegen im Fluß. Nur das Kreuz der Kapelle leuchtet einem entgegen. 

Kreuz in der zerstörten Kapelle

„Für die Menschen ist das derzeit ein tröstliches Zeichen, dieses Kreuz zu sehen, auch wenn kaum jemand aus dem Ort noch zur protestantischen Kirche gehört“, sagte Fuite. „Sie brauchen Trost. Dafür steht das Kreuz. Es gibt immer noch kein Strom und fließend Wasser. Geschweige denn Gas. Viele sind inzwischen mutlos und haben keine Kraft mehr.  Unklar ist es für alle, die am Fluß leben, wie es weitergeht. Eine ganze Strasse gibt es nicht mehr am Fluß gegenüber vom Zentrum.“ 

In Nessonvaux wird aufgeräumt. Freiwllige aus anderen Regionen helfen mit. Bagger fahren durch die Strassen. Fenster und Türen stehen weit auf zum Trocknen der Häuser. Auch im Protestantischen Zentrum. Hier waren gerade Renovierungsarbeiten abgeschlossen. Als die Flut kam, da hat die Leiterin gerade noch rechtzeitig eine Jugendgruppe in Sicherheit bringen können. „Zum Glück ist kein Jugendlicher zu Schaden gekommen.“

Steven Fuite zeigt den Pegelstand
der Vesdre im Zentrum

Es ist unklar, wie es mit dem Zentrum weitergehen soll und ob der Wiederaufbau lohnt. „Das Zentrum entspricht nicht mehr den Normen. Man dürfte es im alten Zustand nicht wieder herstellen, sondern man müsste es den neuen Standards anpassen. Ob das lohnt…“ – fragt die Leiterin. „Drei Optionen gibt es, die evaluiert werden müssen und abhängig sind von den neuen Bestimmungen zum Hochwasserschutz. Die gibt es nicht. Derzeit weiß keiner, was das bedeutet.“

„Wir überlegen, es entweder wieder aufzubauen, an anderer Stelle ein Zentrum zu eröffnen oder diese Arbeit ganz einzustellen“, sagt Fuite. „Nur – an diesem Zentrum hängen viele Emotionen. Generationen an Jugendlichen verbinden etwas mit diesem Zentrum. Sie haben ihre Geschichten – auch die ganz persönlichen. Auch der Synodalrat kam jedes Jahr hierher.“

„Es war das schlimmste Hochwasser, das Belgien je erlebt habe“, sagt Fuite am Ende des Besuchs. Wir stehen gemeinsam auf der Brücke, als er das sagt und schauen auf das Kreuz. Und Steven betet.

P.S.: Das GAW hat der Vereinigten Protestantischen Kirche mit einer Nothilfe für das Zentrum geholfen. Wenigstens ein kleines solidarisches Zeichen – egal, wie es da weitergehen wird…