Pastor Israel Flores

Pastor Israel Flores ist Generalsekretär der spanischen ev. Kirche (IEE) und Pfarrer in Granada. Er berichtet über die Situation in Spanien:

„Die Coronakrise hat die spanische Gesellschaft tief getroffen. 27.136 bestätigte Todesfälle gab es am 8. Juni. Es fällt uns schwer, diese Zahlen zu lesen. Wir möchten uns als Kirche besonders den Familien zuwenden, die einen Menschen verloren haben. Was bedeutete es für diejenigen, die sich nicht richtig von ihren Angehörigen verabschieden konnten? Der Schmerz sitzt bei vielen tief.

Zusätzlich zur hohen Arbeitslosigkeit im Land hat die Coronakrise dazu geführt, dass viele Familien auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Vor diesen Zentren gibt es lange Schlangen. Das Zentrum ASP unserer Gemeinde in Madrid ist eines von ihnen. Viele Migranten – und jetzt eben auch arme Spanier – stehen davor und warten auf Hilfe. Der Stress erhöht sich, weil viele nicht wissen, ob sie nach dieser Zeit wieder einen Job finden werden oder nicht. Die soziale Spaltung im Land wächst.

Anlieferung von Lebensmitteln für ASP.Madrid

Inzwischen werden die Sicherheitsmaßnahmen wieder gelockert. Die Lage bleibt aber angespannt. Die Wirtschaft Spaniens leidet extrem – insbesondere der Tourismus, von dem Spanien sehr abhängt. Viele mittlere und kleine Unternehmen sind pleite gegangen. Große Industrien nutzen die Gelegenheit, um Arbeitsplätze abzubauen. In der Autoindustrie ist das zu beobachten bei Nissan und Renault.

All dies hat einen sehr komplexen Nährboden geschaffen, da die radikalsten Gruppen (insbesondere von rechts) versuchen, aus allen sozialen Unruhen Kapital zu schlagen, wenn auch ohne großen Erfolg. Es gilt wachsam zu sein im Blick auf die sozialen Spannungen und Polarisierungen.

Das Team von ASP-Madrid

Inmitten dieser Situation erlebt auch die Spanische Evangelische Kirche (IEE) wie viele andere Kirchen eine schwierige Zeit. Auf pastoraler Ebene war es schwer, die Gläubigen zu begleiten, wenn sie sich von ihren Lieben verabschieden mussten. Andererseits mussten wir auch die Kirchen schließen, weil es nicht möglich war, die Gottesdienste unter angemessenen hygienischen Bedingungen durchzuführen. Trotzdem haben alle Gemeinden den Kontakt zu ihren Mitgliedern gehalten. Alle Gemeinden veranstalteten weiterhin Gottesdienste, Gebetstreffen und sogar Bibelstunden online. Online-Plattformen (https://recursos-iee.blogspot.com) wurden eingerichtet. Wir mussten sehr schnell lernen und werden weitermachen, weil wir der Meinung sind, dass es etwas ist, das bleiben muss.

Andererseits haben die NGOs unserer Kirchen ununterbrochen gearbeitet. Sie hatten nicht geschlossem. Mit einer guten Anzahl von Freiwilligen war es möglich, mit Essen und Kleidung zu helfen. Viel mehr Menschen als früher kamen zu unseren diakonischen Zentren. Das erleben wir bei ASP-Madrid, Camino-Levante und Frater-Nadal (Barcelona) sowie auf Menorca. Inmitten dieser Krise haben wir es geschafft, weiterhin Hilfe zu geben.“