Michael Bünker |
„Die Evangelischen sind in Europa eine Minderheit, gerade einmal 10 % der Bevölkerung des ganzen Kontinents. Die Frage stellt sich: Wie kann die soziologische Tatsache der Minderheit von einer Kirche positiv aufgenommen werden? Und die Antwort, die evangelische Kirchen geben: Sie muss diese soziologische Tatsache als geistliche Aufgabe verstehen, sie muss zur Diaspora werden. Die biblischen Bilder der Diaspora sind das Salz der Erde, das Licht der Welt, die Stadt auf dem Berge oder das ausgestreute Samenkorn im Ackerfeld der Welt. Wilhelm Dantine, einer der hellsichtigsten Theologen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, hat sich auf diese Bilder bezogen, wenn er von einem kritischen, weltoffenen Diasporabewusstsein der Kirche gesprochen hat. Die Gefahr der Minderheit, so meinte er einmal pointiert, ist, eine Art „religiöser Trachtenverein“ zu werden, wo man sich nur noch um sich selbst und die eigene Tradition und den eigenen Bestand kümmert. Eine Diasporakirche zu sein heißt immer, Verantwortung für das Ganze der Gesellschaft zu übernehmen. Seit der Reformation wissen wir: das geschieht am besten durch Diakonie und Bildung.“
Diese Worte schreibt Bischof em. Dr. Michael Bünker in einem Aufsatz zu den Herausforderungen für Europa (S. 111), der in dem vor Kurzem erschienenen Buch „Glauben im Rhythmus der Hoffnung“ erschienen ist.
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