Evangelische Kirche in Bratislava-Petržalka

Seit 25 Jahren steht inmitten der Plattenbausiedlung Petržalka in Bratislava ein großes lutherisches Gemeindezentrum. Was einmal mit einer kleinen Gemeinde von zehn Familien in einem Kellerraum begann, hat sich langsam durch treue und kontinuierliche Arbeit weiterentwickelt. Der Kirchbau und die einladende Gemeinde mit einem engagierten Pfarrerehepaar tut ein Übriges.  Sie sind offen für Neues, geben viele Stunden Religionsunterricht, gehen ins Krankenhaus, begleiten Menschen – sind da!

Inzwischen besuchen Sonntags mindestens 160 Menschen die lebendigen Gottesdienste, die oft auch durch einen der drei Chöre mitgestaltet werden. Offen und einladend für die Menschen in diesem gesichtslosen Stadtteil ist die Gemeinde. „Mit traditionellen und klassischen Gottesdiensten können wir hier keine Gemeinde bauen,“ sagt Pfarrerin Kolesárová. „Die sind einfach zu fremd für die Menschen, die erst einmal mit Glauben und Religion in Berührung bekommen müssen.“ Von ihrer Kirche hätte sie in den vergangenen


Jahren hier mehr Hilfestellung erwartet. Auch im diakonischen Bereich ist es nicht einfach, als Kirche nach außen für die Gesellschaft
sichtbar zu sein. „Der Staat denkt, dass er Kirche nicht unterstützen muss. Das ist bei uns anders als in Deutschland. Wir dürfen etwas tun für Arme und Bedürftige, wenn wir alles selbst bezahlen, auch wenn alle davon profitieren. Aber wie soll das gehen ohne staatliche Hilfe…?“ Hier wünscht sie sich ein klares Zeichen der Kirche  auch dem Staat gegenüber und ein deutlicheres Auftreten. „Ich erlebe nicht, dass wir als Partner gesehen werden, die sich gemeinsam um die Not der Menschen kümmern.“ Manchmal sei die Kirche zu leise, so die Pfarrerin. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass die Kirche staatliche Leitungen bezieht für die Pfarr- und Bischofsbesoldung. Da kritisiere man scheinbar zu wenig. Deutlich wurde das auch nach der Ermordung des slowakischen Journalisten Kuciak vor einem Jahr. Der in diesen Fall verwickelte Premierminister musste

Luther in Bratislava

eine Ehrung der Kirche im Rahmen des Reformationsjubiläums nicht zurückgeben.

Petržalka war infolge eines ehrgeizigen Bauvorhabens des sozialistischen Staates zwischen 1973 und 1985 zu einer sozialistischen Planstadt ausgebaut mit Plattenbauten aus Beton. Der alte Ort verschwand durch die Bauvorhaben fast komplett.

Wie ein Wunder erscheint es, dass nach dem Ende der kommunistischen Diktatur diese Kirche errichtet werden konnte – sichtbar nach außen mit einem Kreuz. Für einen symbolischen Kaufpreis erhielt die Kirche das Grundstück. Mit Hilfe deutscher Landeskirchen und des GAW konnte die Kirche errichtet werden. Die Evangelischen mussten sich nun nicht mehr in den Kellerräumen treffen. Heute ist das Kirchen- und Gemeindezentrum ein wichtiger Ort, um Gemeinschaft zu stiften und den Menschen Halt und Orientierung zu bieten.