GAW-Präsidentin Gabriele Wulz und Pfr. Haroutune Selimian |
Pfarrer Haroutune Selimian ist Syrer armenischer Abstammung. er ist in Aleppo geboren und lebt im Westteil der Stadt, die so furchtbat unter dem Bürgerkrieg gelitten hat, der nun schon 6 1/2 Jahre andauert. In Aleppo gab es mal 70.000 Armenier. 6.000 sind wahrscheinlich nur übrig geblieben. Insgesamt lebten einmal 5 Millionen Menschen in einer der wichtigsten Städte des Landes. jetzt sind es noch gut 1,5 Millionen Einwohner. Haroutune ist Pfarrer der ev.-reformierten Bethelgemeinde und verantwortlich für die verbliebenen 11 ev.-ref. armensichen Gemeinden seiner Kirche in Syrien. In zwei Gemeinden – in Homs und Damaskus – gibt es derzeit kein Gemeindeleben mehr auf Grund des Krieges. Aber die sechs verschiedenen Schulen der Armenier arbeiten noch. 1.200 bis 1.300 Schüler werden hier unterrichtet – und das über Religions- und Konfessionsgrenzen hinweg.
Haroutune erzählt bei seinem Besuch in Deutschland bewegend von der Situation der evangelischen armenischen Christen. Und von sich berichtet er: „Ich bin in Aleppo geboren. Meine Großeltern sind noch in der Osttürkei geboren. Vor fast 100 Jahren kamen sie als Waisenkinder mit ihren Großmüttern nach Aleppo, wo sie in Zelten lebten. Das Leben war hart. Aber sie hatten den Genocid an den Armeniern in der heutigen Türkei überlebt. Was geschehen war verfolgte sie bis in die Träume. Sie haben wie viele andere die Erinnerung wachgehalten, was Gewalt an einem Volk anrichten kann. Sie hatten Ermordungen und Folterungen mit eigenen Augen ansehen müssen. Sie hatten den Todesmarsch überlebt. Aleppo war für sie nun eine Befreiung von dem erlittenen Leid. Die Armenier, die in Aleppo Aufnahme fanden mussten unter vielen Schwierigkeiten eine neue Heimat aufbauen. Sie bauten Häuser, Schulen, Kirchen, Konzertsäale, Sportplätze auf.
Heute steht das alles, was nach einem Völkermord aufgebaut wurde wieder in Gefahr verloren zu werden. Unsere Kirchen, Schulen, Häuser wurden angegriffen, zerstört. Für uns wiederholt sich eine Geschichte! Wenn wir Worte der Rebellenführer und radikalen Islamisten hören, dann erinnert all das an das, was wir vor 100 Jahren erlitten haben.
Der Krieg in Syrien dauert schon 6 1/2 Jahre. Mehr als eine halbe Millionen Menschen haben ihr Leben verloren – sunnitischen Muslime, Schiiten, Alewiten, Drusen, Christen, Jessiden. Die Hälfte der Bevölkerung ist in viele Teile Syriens und in vielen Ländern der Welt verstreut. Aleppo hat wohl am Stärksten gelitten – mehr als jede andere Stadt. Die Menschen in Aleppo haben gesehen, was der Hass mit den Menschen macht und wie das alle betrifft und wie die Menschwürde dabei stirbt.“
Und dann betont er, dass er immer wieder erlebt, wie ihn Gemeindeglieder fragen, wo denn Gott sei bei all dem erlittenen Leid. Für ihn sei klar, dass Gott mitten im Leid sei. „Gott ist mitten im Sturm des Lebens,“ sagt Haroutune. „Und wir leben mit Gott das Leben, das er erleidet. Deshalb: Das Leben soll gewürdigt werden, das wir erleben. Wir glauben an das Leben, das Gott schenkt und das ER ist.“
Haroutune berichtet nüchtern und gleichzeitig ergreifend und begeisternd von seiner Arbeit und der Rolle der Christen in Syrien. Und zwischendurch stockt seine Stimme, wenn er von dem Leid berichtet, von den Menschen, die seine Gemeinde verloren hat durch Tod oder Flucht. Solche Menschen wie Haroutune brauchen unsere Gebet und unsere Unterstützung!
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