Dass die Kirche „eine immer wieder zu erneuernde“ sei (ecclesia semper reformanda), ist eine Forderung, die wir – auch wenn sie fälschlicherweise Martin Luther zugeschrieben wurde – im Jahr des Reformationsgedenkens wohl noch häufiger als sonst hören werden müssen.

Und alle, die schon immer meinten, Kirche müsse moderner, frischer und ansprechender daherkommen, werden – davon bin ich fest überzeugt – gerade im Jahr 2017 nicht müde werden, diesen Satz immer und immer wieder zu wiederholen und dabei auch die Erneuerung der vermeintlich verkrusteten Strukturen in unserer Landeskirche einzufordern.

Auf diesem Hintergrund hat mich die diesjährige Jahreslosung zuerst einmal sehr erheitert und dann auch sehr entlastet. Wenn alle Welt sich anschickt, von der (evangelischen) Kirche, ihrer Geschichte und Gegenwart, ihrer Bedeutung und ihres Bedeutungsverlusts zu reden, dann redet der Prophet im Auftrag Gottes von den Herzen der Menschen und damit von dem, was jede einzelne Person im Innersten ausmacht. Auf diesem Hintergrund wird mir das zur Herausforderung im neuen Jahr: Nicht die Kirche muss sich wandeln, sondern wir in ihr. Jeder, jede einzelne.

Die vielfältigen Aktivitäten, mit denen wir im Jahr 2017 den Protestantismus in seiner gestaltenden und verändernden Kraft einer interessierten, zuweilen auch gleichgültig-indifferenten Öffentlichkeit anschaulich machen wollen, finden in der Jahreslosung aus dem Buch des Propheten Hesekiel eine heilsame Relativierung. 

Denn Neuanfang, Umkehr, Veränderung sind nicht unsere Möglichkeiten, sondern nur denkbar, wenn Gott selbst eingreift und anstelle des „steinernen Herzens“ und des „trotzig und verzagten Dings“ (Jer 17, 9) ein neues, ein fleischernes Herz in uns legt. Erst dann hat die Zerrissenheit des menschlichen Wollens und Tuns, die Abgründigkeit unseres Begehrens und offensichtlich unstillbaren Lust der Menschheit an der Zerstörung ein Ende.

Im 36. Kapitel lernen wir den Prophet Hesekiel noch einmal anders kennen. Vom „tiefen Weh und Ach“, das in den früheren Kapiteln bis ins Körperliche hinein schmerzhaft und verstörend zu spüren war, erleben wir hier in diesem Kapitel die Rückkehr ins Leben. 

Es gibt eine Hoffnung und es gibt ein Ende der Gewalt, weil der Gott Israels sein Volk nicht für immer verlässt, sondern die Treue hält. Über Zerstörung, Vernichtung und Tod hinaus.

So wird der Prophet zum Zeugen für Gottes unbedingten Willen zum Leben und zum Heil. Mit dem einzelnen Menschen fängt es an. Mit jedem einzelnen Herzen, das neu und lebendig wird, kommt ein neuer Geist, ein frischer Wind in die Welt. So wird von unten nach oben die neue Stadt und der neue Tempel gebaut. Von dort geht dann Heil und Segen in die ganze Welt.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes neues Jahr 2017!

Ihre

Prälatin Gabriele Wulz, Präsidentin des GAW