Pastor Kruse (ELKI)

Martin Luther und Rom – das klingt nach Spannungen. Für ihn selbst war Rom eine „Bestie“. Er war selbst war als katholischer Mönch im Auftrag seines Ordens  dort. Später als Reformator urteilte er heftig über die „ewige Stadt“. Für Rom selbst war Martin Luther der Ketzer schlechthin.

Jetzt – am 16. September – ist es gelungen, dass mitten in der Stadt ein Platz nach dem Reformator benannt wurde. Das ist ein wunderbares Zeichen. Der lutherische Pastor Jens Martin Kruse zeigte sich überrascht und erfreut zugleich: „Wir haben das gar nicht glauben können und freuen uns sehr. Denn das ist eine sehr zentrale Lage, mitten in der Stadt. Und gleichzeitig ist dieser Platz auch ein bisschen im Schatten, hier leben viele Flüchtlinge, Obdachlose. Für uns ist damit die Pflicht verbunden, uns um diese Menschen zu kümmern.“ Für den Bürgermeister Roms soll das auch ein Ausdruck dafür sein, dass Rom eine weltoffene Stadt ist. „Ich gestehe, ich bin bewegt“, sagt Ignazio Marino. Endlich mal ein Erfolgserlebnis für einen Politiker, der in diesen Tagen enorm unter Druck steht. Mafia-Sumpf, Misswirtschaft, Müllberge und marode Straßen – das sind die schier unlösbaren Probleme von Italiens Hauptstadt.

Der Martin-Luther-Platz befindet sich im Colle Oppio Park, nahe des Kolosseums. Sechs Jahre nach der Eingabe an die Behörden im Jahr 2009 durch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien (ELKI) und die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Italien hat der Stadtrat seine Zustimmung erteilt. Anlass ist auch das Jahr 2017: das Gedenken an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren mit der Veröffentlichung von Luthers 95 Thesen. Mit dem Platz soll an die Pilgerreise des Augustinermönchs nach Rom im Jahr 1511 erinnert werden. Später zeigte sich Luther enttäuscht über die Eindrücke des dortigen geistlichen Lebens. Er geißelte den Papst und die Misstände seiner Kirche. So kehrt Luther wieder nach Rom zurück, – und bleibt im Bewußtsein der Kirchen.

Zusammengenommen zählen die Kirchen der Reformation etwa 100.000 Mitglieder im ganzen Land. Da sorgt der Martin-Luther-Platz mitten in der ewigen Stadt bei der kleinen evangelischen Minderheit für Selbstvertrauen. Natürlich erklingt die Hymne des Protestantismus: „Ein feste Burg ist unser Gott“ auf Italienisch. 

Übrigens: Am 15. November will er in der deutschen evangelischen Kirche in Rom einen Gottesdienst feiern.