Pfarrer Enno Haaks
in der Versöhnungsgemeinde |
Kirche muss Kirche bleiben! Das meinten im Juli 1975 ca. 30 Menschen lutherischen Bekenntnisses in Santiago de Chile. Sie gründeten die Versöhnungsgemeinde. Sie verließen nach der Spaltung der lutherischen Kirche in Chile ihre Kirchengemeinde in der sie beheimatet waren – und jetzt keine Heimat mehr fanden. Denn ihnen war klar: Trotz aller Unterschiede in gesellschaftspolitischen Fragen muss Kirche der Ort sein, der die unterschiedichen Meinungen unter dem Dach der Kirche zusammenbringt. Es muss in der Kirche keine Uniformität geben. Unterschiedliche Meinungen dürfen – ja müssen sein – wenn denn anerkannt wird, dass der/die andere Teil der Wahrheit ist.
Fulbert Steffensky schreibt: „Der Zwang zur Einstimmigkeit lässt nur schwer Fremdheiten denken und dulden… Sich für einzigartig zu halten, heißt immer, bereit sein zum Eliminieren. Die Anerkennung von Pluralität ist die Grundbedingung menschlicher Existenz, so ungefähr hat es Hannah Arendt formuliert. Ich wünsche mir eine Kirche und religiöse Gruppen von radikaler Deutlichkeit, die ihre eigenen Traditionen, Geschichten und Lieder kennen und nicht verschweigen. Ich wünsche mir einen Glauben, der Gott unendlich sein lässt und der auf seine eigene Unendlichkeit verzichtet. Erst er ist fähig zum Zwiegespräch. … Ich wünsche uns die Gnade der Endlichkeit. Sie erleichtert uns das Leben. Wir als Einzelne, wir als religiöse Gruppe, wir als Nation sind nicht die Garanten der Welt. Wir sind nicht der Grund des Lebens, das ist Gott, in ihm sind das Leben und die Wahrheit begründet. So können wir Fragment sein, auch als religiöse Gruppe. Welche Lebensleichtigkeit, dass wir nicht alles sein müssen. In uns muss nicht die ganze Wahrheit zu finden sein.“
Diese Gelassenheit, diesen Mut wünsche ich beiden lutherischen Kirche in Chile, die es schwer haben und sich schwer tun, zu einer einheitlichen kirchlichen Struktur zu finden, Zu viele Geschichten der Vergangenheit, politische Einstellungen und Herkommen belasten nach wie vor die Beziehungen. Und doch sind beide aufeinander gewiesen, denn sie stehen beide vor großen Herasuforderungen für ihre Zukunft: Da geht es um Bildung des Theologennachwuchses und der Fortbildung der Pfarrer, um die Frage der Gewinnung junger Menschen, um die Mission und Diakonie der Kirche – alles Themen der Zukunft und nicht des Vergangenen.
Möge ein neuer Anlauf zur Einheit der Lutheraner gelingen zum Wohle aller!
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