In der Zeitschrift „Insieme“ der Ev. Lutherischen Kirche in Italien (ELKI) ist in der neuesten Ausgabe folgendes Interview mit dem neuen Dekan Heiner Bludau (Turin) abgedruckt:

“Mein Kindheitstraum? Gärtner zu werden!“,verrät uns Heiner Bludau lächelnd zu Beginn unseres Interviews. Als eben gewählter Dekan wird sein Traum jetzt in gewisser Weise Realität. „Ich werde zwar keine Blumen oder Büsche pflanzen“, erklärt er, „aber ich werde Engagement und Einsatz im Garten der ELKI aussähen. Denn unsere Kirche soll mit Hilfe der Gemeinden, die sie ja mit Leben füllen, wachsen und gedeihen“. Die Gemeinden, merken wir sofort, sind ein Thema, das ihm sehr am Herzen liegt. 

Sie sind der neue Dekan unserer lutherischen Kirche in Italien! Was hat Sie zu dieser Kandidatur bewegt?

Als ich vor zwei Jahren darauf angesprochen wurde, habe ich angefangen, darüber nachzudenken und die Entscheidung ist dann langsam in mir herangereift. Dabei wurde ich von meiner Turiner Gemeinde unterstützt. Ich wünschte mir mindestens zwei Kandidaten für das Dekansamt, damit die Synode die Möglichkeit einer Wahl hätte, und so war es auch. Ich freue mich sehr, dass meine Wahl auf diese Weise erfolgt ist.

Ist Ihre Wahl für Sie nur mit Freude, oder auch mit gewissen Befürchtungen verbunden?

Am Tag nach der Wahl habe ich an meiner ersten Konsistoriumssitzung teilgenommen. Vor uns liegen viele Aufgaben und Verpflichtungen, aber ich habe eine positive und harmonische Atmosphäre gespürt. Das wird funktionieren, da mache ich mir keine Sorgen. Meine Befürchtung, dass möchte ich Ihnen nicht verschweigen, betrifft eher die Gefahr, dass die Verantwortung meines neues Amtes mich von meiner Familie, den Freunden, meiner Gemeinde und, schlimmer noch, vom Kontakt mit Gott entfernt. Aber ich vertraue in die Kraft, die der Herr mir geben wird.

Welche Erinnerungen haben Sie an die Tage Ihrer Wahl?

Hauptsächlich zwei. Die Freude über die freundliche und positive Reaktion der Synodalen und Gäste auf meine Wahl. Und dann, sofort, die Nähe Gottes. In der Nacht nach der Wahl musste ich meine Ansprache für den Einführungsgottesdienst am nächsten Morgen vorbereiten. Ich wollte sie auf Italienisch schreiben und wusste noch nicht genau was. Aber ich habe Kraft und Inspiration bekommen.

Wann und warum haben Sie die Entscheidung getroffen, Pfarrer zu werden?

Als Jugendlicher träumte ich davon, die Welt zu verändern. Ich war von Gandhi und allen anderen Persönlichkeiten fasziniert, die sich gewaltlos für Veränderungen einsetzten. Ich bewunderte auch die Arbeiterpriester, die in Fabriken arbeiteten, um so in Kontakt mit den Arbeitern zu leben. Auch deswegen habe ich dann eine Lehre als Maurer gemacht. Ich hatte viele Ideen … mir fehlten allerdings die Grundlagen. So habe ich Theologie studiert und bin Pfarrer geworden.

Was werden Ihre ersten Initiativen sein?

Als erstes möchte ich die Gemeinden besser kennenlernen: Sie sind unser Fundament. Ich möchte das Vertrauen zwischen den Gemeindemitgliedern und den Organen der ELKI stärken. Das ist mir ein wichtiges Anliegen. Ich glaube, dass die Anregungen für meine Arbeit aus den Kontakten mit den Gemeinden kommen werden.

Und für die Zukunft?

Die größte ELKI-interne Herausforderung wird die Schaffung einer kleinen eigenen Pfarrerschaft sein; und nach außen hin die Fähigkeit, auf die in Italien dramatisch zunehmende Armut zu reagieren. Es ist unsere Pflicht, den Bedürftigen zu helfen. Unsere Kirche muss sich hier in Italien

immer mehr in das soziale Umfeld einbringen. Das ist nicht nur eine Frage der Sprache oder Kultur: Man muss sich in die italienische Lebensweise hineinversetzen und die Probleme Italiens nachvollziehen. Der Herr hat sich mit den Ärmsten identifiziert und wir müssen uns in diesem Sinne orientieren: Das ist der Kernpunkt unserer Herausforderung.

Was wird Ihnen in Ihrer Rolle als Dekan eine Hilfe sein?

Für mich hat stets der Glauben eine wesentliche Rolle gespielt. Wenn ich in Kontakt mit Gott bleibe, kann ich meine Aufgabe gut bewältigen. Jeden Morgen lese ich einen Bibelvers, der mich spirituell begleitet. Heute Morgen habe ich einen Vers von Jesaia gelesen: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht“. Hilfreich wird mir auch das Vorbild meines Vorgängers sein. Die Energie und die Art und Weise, mit der Dekan Milkau unsere Kirche vertreten hat. Und die Gewissenhaftigkeit und Kompetenz von Ulrich Eckert, mit dem mich außerdem, und dafür bin ich sehr dankbar, eine

persönliche Erinnerung verbindet: Sein Besuch, als ich im Krankenhaus lag. Er war extra aus Mailand angereist.

Wie möchten Sie als Dekan erinnert werden?

Mir ist es nicht so wichtig, als Dekan erinnert zu werden, vielleicht aber als Mensch. Darüber wäre ich sehr glücklich.

Und ein abschließender Gedank?

Ich zitiere aus dem ersten Brief des Petrus, Kapitel 3, Vers 15: “Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist“. Das war mein Konfirmationsspruch vor 45 Jahren. Damals habe ich ihn nicht verstanden, aber

– als Pfarrer und jetzt auch als Dekan – ist  dieser Spruch mir eine Hilfe bei meiner Aufgabe. Um das Evangelium nicht mit großen Worten, sondern mit der Bereitschaft weiterzugeben, Rechenschaft über die Hoffnung abzulegen und zu erklären, was ich tue. Wir Christen haben nicht auf alles eine Antwort, aber wir haben die Hoffnung.

Damit ist unser Interview beendet. Gute Aussaat, Dekan Bludau, und eine reiche Blüte!

Interview der Redaktion – BMP Comunicazione (Kirchenzeitschrift der Ev. Lutherischen Kirche in Italien; erschienen in der 3. Ausgabe 2014)