„Bis 1944 wurden in der Kirche in Zemun lutherische Gottesdienste in deutscher Sprache gehalten,“ erzählt Pfarrer Rabus, von der EKD beauftragter pensionierter Pfarrer für die Belgrader evangelischen Christen deutscher Sprache. „Mein Auftrag ist es, zu sehen, ob eine stabile Gemeinde hier in der Hauptstadt Serbiens aufzubauen ist,“ sagt Rabus. Da ist Beziehungsarbeit gefordert. Interessierte müssen gefunden werden. Sie müssen wissen, dass es hier eine Gemeinde gibt. Nun gibt es in Zemun ein Problem mit der Kirche. Sie wurde 1929 geweiht, 1944 enteignet und war dann später ein beliebtes Nachlokal in dem Stadtteil. Das sieht man noch heute. Im Altarraum steht ein Tresen. Nachtclubausstattung gibt es auch. Der Nachtclub ging pleite. Die Frage der Restitution bleibt allerdings offen. Die Entscheidung liegt bei der Restitutionsbehörde, die entscheiden muss, wer die Rechtsnachfolge der alten deutschstämmigen lutherischen Kirche hat. Eigentlich müsste eine Klärung erreicht werden, denn dabei geht es darum, ob die slowakische lutherische Kirche diese zusteht oder die von ihr abgespaltene kleine ungarisch lutherische Kirche. „Die evangelische Kirche ist wieder gegründet worden im Jahre 2007 im Dezember. Es gehören zu dieser Gemeinde Deutschstämmige, die hier in Belgrad leben. Diese Kirche ist Nachfolger aller alten deutschen Gemeinden, und weil die Registrierung verweigert worden ist, sind wir im Jahr 2008 Teil der slowakischen Kirche geworden,“ sagt Pfarrer Rabus. Serbien erkennt bislang als Rechtsnachfolgerin die kleine evangelische christliche Kirche aus Subotica an, die ungarische Gemeinden betreut. Für die Evangelische Kirche Deutschlands aber ist die Rechtsnachfolgerin der damaligen deutsch-evangelischen Kirche die slowakische evangelische Kirche Serbiens. Die Slowaken haben nun ein deutsches Seniorat eingerichtet, in dem deutschsprachige Protestanten eine Heimat gefunden haben.

Die Nichtregistrierung der deutschen evangelischen Kirche in Serbien hat viel mit der Geschichte der Deutschen auf dem Balkan zu tun: Vor rund 250 Jahren kamen Franken, Sachsen und Schwaben nach Vojvodina, einem Teil der Pannonischen Ebene. Die österreichisch-ungarische Kaiserin Maria-Theresia gab das Land, die Einwanderer machten aus den Sümpfen fruchtbares Ackerland. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten in Vojvodina 350.000 Deutsche. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Jugoslawien die sogenannten „Donauschwaben“, die nicht mit Hitlers Truppen das Land verlassen hatten, in Lager gesteckt, ihrer Bürgerrechte beraubt und enteignet. So gab es nach 1945 keine evangelische Gemeinde mehr und die Zemuner Kirche wurde anderweitig genutzt. Pfarrer Rabus erzählt: „Das Kreuz wurde runtergerissen und ein roter Stern wurde aufs Dach gepflanzt.“ Von außen gesehen ist der Rundbau mit seiner Kuppel und der großen Eingangstür ein imposantes Gebäude. Im krassen Kontrast dazu steht der kahle, kalte Innenraum. „Auch wenn noch keine Klarheit herrscht, wie es weitergehen wird, möchten wir doch den Raum für den Gottesdienst einigermassen herrichten,“ sagt Rabus und zeigt die laufenden Bauarbeiten.

„Zum Gottesdienst kommen zwischen 15 und 25 Gottesdienstbesucher,“ berichtet Rabus. „Sie finden auf Deutsch und Serbisch statt. Es gibt Potential in Belgrad. Unsere Präsenz in dieser Stadt ist ein wichtiges Zeichen der Versöhnung und der Stärkung der Ökumene!“