Im Jahr 2013 jährt sich zum 40. Mal die Verabschiedung eines der bedeutendsten innerprotestantischen Dokumente: die Leuenberger Konkordie. Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) will sich auf verschiedene Art und Weise diesem Jubiläum stellen. Im Zentrum eines Projekts soll die gemeinsame Arbeit an dem Thema „Theologie der Diaspora“ stehen. In einer Stellungnahme der GEKE heißt es: „Dabei mag sich für manche vielleicht die Vorstellung aufdrängen, eine „Theologie der Diaspora“ ist als wesentliches Element protestantischer Identität nur für die klassischen Minderheitenkirchen von Interesse. In einer religionssoziologischen und demographischen Bestandsaufnahme der europäischen Situation des Protestantismus stellen sich die Dinge jedoch anders dar. Demnach ist die Gesamtsituation des europäischen Protestantismus mehr und mehr als Minderheitensituation zu charakterisieren. Insofern ist auch eine Bearbeitung des Themas „Theologie der Diaspora“ in europäischer Dimension eine angemessene Vorgehensweise.“
Für das GAW als Diasporawerk der EKD ist eines der Hauptanliegen, sich mit dieser Fragestellung auseinanderzusetzen. Auch in Deutschland muss man sich mit der Diaspora und mit der eigenen Situation als Kirche kritisch beschäftigen. Häufig kaschiert das äußere Erscheinungsbild der Landeskirchen deren Minderheitensituation. Der Anspruch auf die Mehrheit ist da, aber nicht mehr real umsetzbar.
In den Landeskirchen reagiert man darauf unterschiedlich. Es kommt zu Fusionen von Gemeinden, Kirchenkreisen und Landerskirchen. Dabei entstehen große Einheiten, die manchmal schwer zu überblicken sind. OKR Thies Gundlach sprach kürzlich auf einer Tagung vom „Provinzialismus der kleinen Einheiten“. Sicherlich zielt er auf eine deutsche Realität von alten überkommenen Kirchenstrukturen, die überdacht werden müssen.
Von Seiten eines Diasporawerkes muss man jedoch kritisch anmerken, welchen Wert kleine Einheiten haben können, was kleine und übersichtliche Kirchenstrukturen in der Lage zu leisten sind, und dass gerade das umeinander und voneinander Wissen ein großer Reichtum ist. Ein Wesen von Kirche ist es doch, Beziehungen zu stärken, Menschen aufeinander und auf Gott zu weisen. Dafür braucht es überschaubare Einheiten, dienende Strukturen und Menschen, die sich in Verantwortung nehmen lassen – nicht nur als „Kirchenprofis“. Viele Diasporakirchen leben vom freiwilligen Engagement.
Eine Beschäftigung mit den Fragestellungen einer „Theologie der Diaspora“ kann sehr hilfreich für den Veränderungsprozess innerhalb Deutschlands sein. Das GAW hat zur Vertiefung dieser Frage ein Buch des Diasporatheologen René Krüger, „Die Diaspora – Von traumatischer Erfahrung zum ekklesiologischen Paradigma“ herausgegeben. Es ist zu bestellen unter: verlag@gustav-adolf-werk.de – Pfarrer Enno Haaks
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