Es ist Ende Mai 2025. Vor sieben Monaten – am 29. Oktober 2024 – wurden Valencia und Umgebung von einer extremen Unwetterlage heimgesucht, ausgelöst durch eine sogenannte DANA (Depresión Aislada en Niveles Altos). Innerhalb weniger Stunden fielen Regenmengen von über 200 Litern pro Quadratmeter, was zu schweren Überschwemmungen führte. Besonders betroffen waren Orte wie Paiporta, wo Straßen, Keller und Wohnungen überflutet wurden. Die Schäden waren enorm, ganze Stadtteile standen unter Wasser. Die staatliche Reaktion blieb zunächst langsam und unkoordiniert, was die Lage für viele Betroffene zusätzlich erschwerte. Fünf Tage dauerte es, bis endlich die ersten staatlichen Hilfen eintrafen.

In der Zwischenzeit hatten viele Freiwillige die Initiative ergriffen, um zu helfen. Sie reisten nach Valencia – so wie Jonatan Abad von der Iglesia Evangélica Española (IEE). Er machte sich auf, fuhr nach Valencia, trommelte Freiwillige aus seiner Kirche und seinem Bekanntennetzwerk zusammen und richtete in der kleinen evangelischen Kirche in Valencia das „Basislager“ für die Freiwilligen ein. „In sechs Wochen haben wir mit vielen Freiwilligen in verschiedenen Schichten von morgens bis abends angepackt, Garagen und Häuser vom Schlamm befreit und Nothilfe organisiert,“ berichtet Jonatan. „Dankbar sind wir nach wie vor für die Soforthilfe des GAW. Damit konnte ein Minibus für die gesamte Zeit gemietet werden, um die Freiwilligen zu den Einsatzstellen zu fahren. Zudem konnten wir mit der Hilfe Material kaufen, das wir für die Arbeiten dringend brauchten.“ Die kleine evangelische Kirche war der Ort zum Schlafen für die Freiwilligen.
Wie viele Menschen ihr Leben bei der Flut verloren, ist nicht wirklich abzuschätzen. Offiziell spricht man von 200 Toten. „Es werden aber wesentlich mehr sein,“ schätzt Jonatan.
„Weil die staatliche Hilfe anfangs ausblieb, musste man was tun!“ Jonatan selbst baute ein Netzwerk auf und koordinierte mit der katholischen Gemeinde und der kommunistischen Partei in Paiporta die Hilfe. In einem Land, in dem Evangelische oft eine Randerscheinung sind, mobilisierte die IEE rund 170 Freiwillige. Menschen aus ganz Spanien, mit und ohne Glaubensbindung, arbeiteten gemeinsam vor Ort. Lebensmittel und Hygieneartikel wurden verteilt, Dutzende Keller und Wohnungen vom Schlamm befreit und psychologische Hilfe organisiert.
„Aktuell sind wir in einer weiteren Phase,“ berichtet Jonatan. „Wir konzentrieren uns in der IEE auf die Begleitung der Freiwilligen, denn einige haben bei den Arbeiten traumatische Erfahrungen gemacht.“ Dafür steht aus der evangelischen Gemeinde in Valencia Maria Isabel zur Verfügung. Sie begleitet die Freiwilligen telefonisch oder via ZOOM.

Für die kleine evangelische Gemeinde war und ist die Zeit der Flutkatastrophe eine apokalytische Erfahrung. „Und dennoch glauben wir, dass wir gerufen sind, etwas zu tun, anzupacken und die Hände nicht in den Schoß zu legen und zu sagen, dass man doch nichts tun kann. Wir sind gerufen, ohne Angst zu handeln,“ sagt Jonatan. „Auch wenn die Gemeinde und ihre Räume klein sind, so hat sie doch bei all dem gelernt, dass sie in Valencia gebraucht wurde und wird. Und vielleicht gibt das der Gemeinde einen Motivationsschub für die Zukunft!“
Für den 29. Oktober 2025 will die Iglesia Evangélica Española einen ökumenischen Gedenkgottesdienst organisieren, um an die Opfer zu erinnern, den vielen Freiwilligen zu danken, das Netzwerk zu stärken und Gott um Kraft und Segen für die Zukunft zu bitten. Denn: Es gibt noch so viel zu tun. Vieles ist nicht wieder aufzubauen, viele Menschen sind traumatisiert. Gerade da ist die Kirche wichtig, um an der Seite der Notleidenden zu stehen.
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