Steven Fuite (re.) im Gespräch mit
GAW-Präsident Dr. Dutzmann

„Wir sind als Kirche nicht um der Kirche willen da. Wir sind nicht berufen, die Kirche zu erhalten“, sagt der Kirchenpräsident der Vereinigten Protestantischen Kirche in Belgien (VPKB) Steven Fuite im Gespräch mit GAW-Präsident Dr. Martin Dutzmann. „Kirche muss nicht überleben. Dafür ist das Kreuz das Symbol. Jesu Weg endete dort. Sein Weg war nach menschlichen Maßstäben gescheitert. Zu ihm hat Gott aber JA gesagt! Gerade zu ihm! – Wir brauchen mehr Mut in unserer Kirche, neue Wege zu gehen, auszuprobieren, Dinge zu wagen, ohne die Gewißheit zu haben, dass das, was wir tun, gelingen wird. Aber nichts tun geht nicht. Wir müssen raus und uns zeigen!“

Steven Fuite berichtet von den vielen Herausforderungen seiner Kirche in der belgischen Gesellschaft. 100 Gemeinden hat die Kirche im ganzen Land. 45 Gemeinden haben keinen Pastor oder keine Pastorin. Viele Gemeinden sind klein. Insgesamt hat die Kirche 4.000-5.000 Mitglieder. „Genau messen läßt sich das aber nicht“, so Fuite.

„Wir mussten auch schon Gemeinden schließen, wie z.B. in Mechelen. Solche Prozesse sind nicht einfach. Sie müssen gut begleitet werden. Wie dann mit den leeren Räumen umgegangen wird, ist eine große Herausforderung.“

„Aber“, so Fuite, „wir haben den Vorteil, dass wir schon immer eine kleine Kirche waren und nicht von einer großen zu einer kleineren Kirche geworden sind. Diese Prozesse sind schmerzhafter. Klein zu sein ist ein anderes Empfinden als kleiner zu werden.“

Protestantische Kirche in Mechelen

Damit lebt die VPKB, das, was in dem Studiendokument der GEKE zur „Theologie der Diaspora“ beschrieben ist:

„Gerade Minderheitskirchen leben oft in einer wahren Polyphonie an unterschiedlichen Lebensbezügen. Sie können ob ihrer geringen Größe gar nicht unter sich bleiben und leben so eigentlich im faktischen und vielseitigen Beziehungsreichtum! Dieser Reichtum zeigt sich eben nicht nur innerhalb der eigenen Kirche und Gemeinden. Durch ihre geringe Zahl und oft breite Ausdehnung sind sie in den verschiedensten Orten eingestreut und haben Kontaktpunkte zu anderen Kirchen und zu nicht-kirchlichen Mitgliedern in der Gesellschaft – und wie gesehen auch darüber hinaus: International oft gut vernetzt pflegen sie Kontakte zu Kirchen anderer Länder, zu Mehrheitskirchen wie auch zu anderen Minderheitskirchen. Auf die vielfältigen Beziehungen, in denen Kirchen leben, wird durch das Bild der Einstreuung der Fokus gerichtet und so als Beziehungsreichtum sichtbar gemacht. In der Beziehungsvielfalt liegt das Potenzial und die Stärke der Diasporaexistenz. In vielfältigen Beziehungen zu leben ist daher sowohl Normalfall als auch Chance von Kirche.“ (https://www.leuenberg.eu/cpce-content/uploads/2022/10/GEKE-focus-30-DE-Web.pdf – S. 13)

In Marcinelle kooperiert die protestantische Gemeinde mit einer Schule. Sie hat sich entschieden, den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf Kinder und Jugendliche zu legen. Das hat die Gemeinde spürbar belebt.

In Antwerpen ist man sich sicher, dass die Zukunft der Kirche im Engagement für andere liegt. „Die Zukunft der Kirche ist diakonisch“, sagt die City-Pastorin Petra Schipper. In zahlreichen diakonischen Projekten wendet sich die Kirche denen zu, die Hilfe brauchen.

Diakonischer und missionarischer Gemeindeaufbau – beide Modelle probiert die VPKB aus, um zu zeigen, dass sie in der Gesellschaft wirksam und sichtbar sein kann.