Olga war lange Jahre Kranskenschwester in Neuburg/Nowohradkiwka. Das Dorf mit seinen 1.500 Einwohner:innen liegt ca. 25 km süd-westlich von Odessa.
Die Gemeinde wurde 1805 von Deutschen gegründet. Neuburg war von Anfang an evangelisch-lutherisch geprägt. Die Gemeinde errichtete eines der schönsten Kirchengebäude der Region. Die Kirche wurde allerdings 1933 von den sowjetischen Behörden geschlossen. Nach den Deportationen in der Stalinzeit ist von der deutschen Prägung nichts mehr übrig geblieben. Man sieht an etlichen Häusern, dass sie zur Zeit der deutschen Besiedlung gebaut wurden. Man erkennt es auch an der Kirchenruine. Nach der Vertreibung der Deutschen wurde der Kirchturm abgerissen und aus dem Rest ein Kulturzentrum für die neuen Bewohner des Ortes gemacht. „Man spürt es den Menschen an, dass sie aus anderen Regionen der Sowjetunion hier angesiedelt wurden. Es waren entwurzelte Menschen,“ sagt Pastor Alexander Gross, der vor Ort lebt und eine kleine Gemeinde betreut. Viele arbeiteten in den Kolchosen. An gemeinschaftsstiftenden Institutionen wie Kirchen und Vereinen ist nichts da. „Die Leute sind nicht nur physisch entwurzelt, sondern auch geistlich,“ sagt Pastor Gross.
Er hat 2005 die Gemeinde neu aufgebaut. Auf seinem eigenene Grundstück hat er eine kleine Kapelle aus einem Container errichtet und lädt dorthin zu Gottesdiensten ein. Olga ist eine von ihnen. Sie hat zur Kirche gefunden und unterstützt Pastor Gross und seine Frau Aliona. Sie ist u.a. auch Vorsitzende des Gemeindekirchenrates.
In den Kellerräumen seines Hauses hat Pastor Gross das Kindersozialzentrum „Bethanien“, das aus einer Gruppe von Vorschulkindern und drei Gruppen für Grundschulkinder mit Lern- und Sozialproblemen besteht, eingerichtet. Olga und Aliona betreuen die Kinder. Sie bieten Hausaufgabenhilfe an und bereiten ein Essen für sie zu. Oft ist es die einzige warme Mahlzeit, die sie in der Woche an vier Tagen bekommen.
Kostja mit seinen 10 Jahren ist eines von den Kindern. Über den Vater weiß man nichts. Die Mutter, die ein Suchtproblem hat, ist auf Grund des Krieges mit anderen Familienangehörigen nach Deutschland emigriert. Sie kam aber irgendwann wieder. Kostja ist inzwischen im zweiten Jahr im Zentrum der Kirchengemeinde. Auf Grund der Bitte der Dorfverwaltung und der Dorfschule wurde Kostja in dem Zentrum aufgenommen, weil er die vierte Klasse wiederholen musste. Er hat große Probleme mit der Rechtschreibung und liest sehr schlecht. Olga tut viel, um ihm zu helfen.
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