Insgesamt hat Brasilien rund 600.000 ukrainischstämmige Einwohner:innen, die vor allem im Süden leben. Einer dieser Orte ist Prudentopolis westlich von Curitiba im Bundesstaat Paraná. Von 53.000 Einwohnern sind drei Viertel ukrainischer Abstammung. Einige von ihnen kamen schon Ende des 19. Jahrhunderts aus Galizien nach Brasilien. Andere flüchteten im Zweiten Weltkrieg nach Brasilien. Seit dem Kriegsausbruch Ende Februar 2022 sind noch einmal ca. 1.000 Ukrainer:innen nach Brasilien gekommen, einige von ihnen auch nach Prudentopolis. Integration gelingt hier leichter, denn Ukrainisch ist in dem Ort die zweite offizielle Sprache.

„Auch in Esteio, südlich von São Leopoldo im Bundesstaat Rio Grande do Sul sind einige Familien aufgenommen worden. Esteio hat eine kleine ukrainische Gemeinde,“ schreibt Harald Malschitzky, Generalsekretär der Obra Gustavo Adolfo (OGA) in Brasilien.

Malschitzky schreibt auch etwas über die Auswirkungen des Ukrainekrieges für Brasilien:

„Die Folgen des Krieges erfahren wir täglich: Weizen, Mais, Düngemittel, Rohöl, alle Kosten steigen spürbar. Auf der anderen Seite fehlen Produkte für die Industrie wie Autoteile, elektronische Bauteile etc. Und dann stockt der Export. Darüber hinaus ist der Krieg auch eine gute Ausrede für Präsident Bolsonaro, um vom Desaster seiner Politik abzulenken. Gleichzeitig liebäugelt Bolsonaro mit Putin, denn Brasilien ist sehr abhängig von Düngemittellieferungen aus Russland.“

Und Malschitzky schreibt auch zur Lage in der lutherischen Kirche (IECLB) und die Auswirkungen des Krieges auf die Gemeinden:

„Alle Gemeindeglieder sind von den steigenden Preisen betroffen. Die Einkommen der Gemeinden verringern sich. – Die Kirche hat aber weitere Probleme, die mit dem Krieg erst einmal direkt nichts zu tun haben. Es gibt Polarisierungen, die die ganze Gesellschaft betreffen. Innerhalb der IECLB gibt es zwei rechtsorientierte fundamentalistische Gruppen. Immer wenn die IECLB etwas zur sozialen Lage im Land sagt, wittern diese Gruppen einen politisch linken Einfluss. Für die Kirchenleitung ist es sehr schwer, sich damit immer wieder auseinandersetzen zu müssen, denn sie wird immer wieder angegriffen.“