Ein Treffen für ukrainische Flüchtlinge

Diesen poetischen Namen, der auf die Nationalfarben der Ukraine anspielt, trägt die Internetseite der Evangelischen Kirche A.B. in der Slowakei, auf der alle Hilfen für die Geflüchteten aus der Ukraine zusammengetragen werden: www.modrenebozlteslnko.sk.

„Die Nachricht vom Krieg in unserem Nachbarland war ein Schock für uns“, erzählt Marek Cingel, Sekretär des Bischofs für den Ostdistrikt. „Uns war sofort klar, dass Leute kommen werden. Deshalb habe ich am nächsten Tag alle unsere Einrichtungen angerufen, wo Menschen untergebracht werden können, und gefragt, wie viele Plätze sie haben.“ Der slowakische Staat, so Cingel, hatte bis zu diesem Tag kaum Erfahrungen mit der Aufnahme von Flüchtlingen. Und so waren es in den ersten vier Wochen vorwiegend nichtstaatliche Akteure, Kirchen und NGOs, die sich um die Menschen aus der Ukraine gekümmert haben.

Marek Cingel

Die Hilfe lief rund um die Uhr. Die Kirche hatte in Zusammenarbeit mit der Militärseelsorge ein Zelt in Vyšné Nemecké im Zollbereich aufgestellt, wo Menschen an der Grenze lange zwischen der Ukraine und der Slowakei warten mussten. Freiwillige verteilten Essen und Trinken und kümmerten sich um die Seelen der aufgewühlten Menschen. Von dort aus gingen auch Anrufe an Marek Cingel – oft sogar nachts, sodass seine Frau ihn schließlich für einige Wochen auf die Wohnzimmercouch ausquartierte. Es ging um Familien, die Unterkunft brauchten, um Transporte an verschiedene Orte. Es gab knifflige Fälle, wie der einer Familie, die mit zwei Erwachsenen und 13 Kindern in einem (!) klapprigen Auto ankam und angab, nach Deutschland weiterfahren wollen. Die Kirche schaffte es schließlich, Plätze in einem Bus zu organisieren, mit dem die Familie sicher nach Deutschland gelangen konnte. Als sich in Deutschland herausstellte, dass die zugesagte Unterkunft schon vergeben war, fand sich über Tausende von Kilometern hinweg mit slowakischer Hilfe eine neue Lösung.

www.modrenebozlteslnko.sk

Seit nunmehr zwei Wochen ist das Willkommenszelt am Grenzübergang abgebaut. Etwa 80 000 Flüchtlinge sind in der Slowakei untergekommen, davon 700 in evangelischen Einrichtungen und mindestens 1400 in evangelischen Familien, schätzt Cingel. Die slowakischen Helferinnen und Helfer haben vielen Ukrainerinnen geholfen, eine Arbeit zu finden, unterstützen bei der Suche nach einer eigenen Wohnung, nehmen Kinder in evangelischen Schulen auf und haben – mit Unterstützung des GAW – in Liptovský Hrádok im evangelischen Kindergarten eine ukrainische Gruppe mit 15 Kindern geöffnet. Mit der Arbeit ist es in der Ostslowakei freilich nicht einfach, mehr Arbeitsplätze gibt es in der Westslowakei. Aber dort wiederum sind Wohnungen teurer und knapper. Und so müssen auch Geflüchtete abwägen, wie und wo sie sich ihre Zukunft vorstellen.
Wie geht es also weiter? Cingel sagt, dass etwa ein Viertel der Flüchtlinge aktuell erwäge, bald in die Ukraine zurückzukehren – meist Menschen aus Kiew. Ein weiteres Viertel will zurückkehren, weiß aber nicht, wann. Ein Viertel werde wohl in der Slowakei bleiben. Und die übrigen sehen ihre Zukunft weiter im Westen: in Italien, Deutschland oder auch in Tschechien. Die evangelische Flüchtlingshilfe wird sich weiter um die Menschen kümmern – egal ob sie zurückgehen, bleiben oder noch überlegen, was für sie gut und richtig ist.