Alexander Groß, Vorsitzender der DELKU-Synode und Pfarrer in Odessa erzählt über die weiteren Entwicklungen in den Gemeinden in der Ukraine:
Verteilung von Medikamenten in Charkiw |
„Die Situation in den Orten, die von russischen Soldaten besetzt waren, ist überall ähnlich wie in Butscha, Butscha ist gewiss kein Einzelfall. In unserer Filialgemeinde in Adrijiwka bei Kiew bietet sich ein ähnliches Bild: Die russischen Soldaten haben bei ihrem Abzug nicht nur unser dortiges Heim für ehemalige Obdachlose, sondern auch die meisten anderen Häuser im Dorf zerstört und zahlreiche Menschen erschossen. Eine Frau wurde in den Trümmern des Heimes tot gefunden, alle anderen Bewohner konnten gerettet und nach Iwano-Frankiwsk gebracht werden. Wir trauern um unsere Schwester, die wir verloren haben. (Weitere Infos und Fotos über die Obdachlosenunterkunft in Andrijiwka in „Ukraine: Obdachlosenunterkunft „Hafen“ zerstört„)
Wiedersehen mit Pawlo Schwarz in Charkiw |
Die Gemeinde in Schostka bei Sumy im Norden nahe der russischen Grenze lag in russisch besetztem Gebiet, ohne dass russische Soldaten tatsächlich im Ort waren. Jetzt ist die Region wieder befreit und es gibt keine Schäden. Welch ein Glück. Die Menschen können auch wieder mit Lebensmitteln versorgt werden.
Die Gemeinde in Smejewka bei Cherson liegt jetzt nahe an der Front. Wir hoffen, dass sie in den nächsten Tagen von den ukrainischen Truppen befreit werden wird. Ich hoffe sehr, dass ich sie bald besuchen kann, vielleicht schon zu Ostern oder bald danach. Große Sorgen mache ich mir allerdings um unsere Gemeinde in Berdjansk, wo tatsächlich russische Truppen präsent sind und zu der es keine telefonische Verbindung mehr gibt. Ab und zu gibt es Internet und dann erhalten wir von dort ein Lebenszeichen. Sie schreiben, dass sie noch am Leben sind und dass sie als Gemeinde weiter zusammenhalten und Gottesdienste feiern.
Hier bei uns in Odessa ist es im Vergleich dazu fast „ruhig“, obwohl es weiterhin Raketenangriffe gibt. Nach der Zerstörung eines Treibstofflagers gibt es fast keinen Diesel mehr zu kaufen. Dennoch bin ich dankbar, dass dies das einzige Problem ist. Wir sind bereit Flüchtlinge aufzunehmen, bisher ist aber nur eine Familie angekommen. Die meisten wollen weiter Richtung Moldawien und Rumänien oder sie gehen gleich in die Westukraine. Wir haben humanitäre Hilfe von unseren evangelischen Freunden aus Rumänien erhalten und heute auch von einem Mann, der drei Tage lang mit einem Kleinbus aus der Schweiz bis nach Odessa gefahren ist. All diese Hilfe wollen wir noch vor Ostern in den Gemeinden verteilen. Zum Glück sind alle unsere Gemeindeglieder unversehrt. Es ist aber eine schwere Zeit für alle. Wir sprechen viel darüber. Es ist wichtig, dass ich als Pfarrer sie besuche und sie sich nicht verlassen fühlen.
Insgesamt ist die Situation wieder etwas „normaler“ geworden und etliches, was zu Beginn des Krieges zusammengebrochen war, funktioniert wieder. Das Leben kommt zurück, die Menschen gehen wieder zur Arbeit. Seit Montag ist unser Kinderzentrum im Dorf Novogradowka wieder geöffnet. Es kommen Kinder, die kein Computer und Internet zu Hause haben. Das Kinderzentrum ist so zu einer Schule geworden: Die Lehrer schicken die Aufgaben und die Mitarbeiter lösen sie zusammen mit den Kindern.
Die Gemeinde in Charkiw ist stark dezimiert durch Flucht. Der Bischof Pawlo Schwarz ist jetzt ein paar Tage dort und besucht verbliebene Gemeindeglieder und andere christliche Gemeinden. Sie verteilen Lebensmittel und Medikamente. Man sieht auf den Bildern, wie froh er ist, seine Freunde und Gemeindeglieder wiederzusehen!“
Gemeinsames Gebet in der Kirche in Charkiw |
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